Kurz bei Netanjahu: Viele Gemeinsamkeiten, wenige Gegensätze

Kanzler Kurz und Israels Premier Netanjahu haben ein inniges Verhältnis
Migration, Terror und Iran als zentrale Themen, Kurz gegen Botschaftsverlegung nach Jerusalem.

Sebastian Kurz will wieder auf den Kanzlersessel und sprang auf einen Tagestrip nach Israel zu Benjamin Netanjahu. Der will auf seinem Premiersessel bleiben. Beide haben gerade einen Wahlkampf hinter sich und befinden sich in einem neuen. Beide können ganz gut miteinander und so ein Treffen macht sich immer gut.

Es geht an diesem Mittwoch dann um Sicherheit, Terrorbekämpfung, Eindämmung der Migration – und eben Wahlkampf. Wer wen einlud ist nicht ganz klar. Die Einladung für Bundeskanzler Kurz bestand freilich. Und Netanjahu erneuerte sie dann für den Privatmann Kurz.

Holocaust-Überlebende

Ein Treffen mit Holocaust-Überlebenden, das auf keiner Kanzler-Reise fehlen darf, gibt dem Privatbesuch auch so etwas wie eine offizielle Note – alles im als „Drisco“ neu zum Leben erwachten Hotel Auerbach in Jaffa. In dem stiegen bereits Kaiser, Könige und der Wiener Vater des Zionismus, Theodor Herzl, ab.

„Eine Reise ohne Amtspflichten eben“, meint Kurz, und das Treffen mit den Überlebenden war tatsächlich keine Pflichtübung. Kurz kennt einige der Teilnehmer bereits nach einem Treffen in Wien, damals noch auf Einladung des Bundeskanzlers. Der 96-jährige Zvi Nigal (mit dem Auto angereist) ist zum ersten Mal dabei und überrascht. „Sie sind ja jünger als meine Kinder“, ruft er, als ihm klar wird, wem er die Hand schütteln soll. Kurz interessieren die Geschichte(n) seiner Gäste aus „Innschbruck“ oder Floridsdorf. Er hört aufmerksam zu, stellt Zwischenfragen. Von der Schule in der Sperlgasse ist die Rede, in der Zvi Nigal vor Schülern erzählte, wie er in ihrem Alter von der Schule und aus der Heimat vertrieben worden war.

Aber in Israel geht es nicht ohne Hardcore-Politik. Auch israelische Medien sind im Schlepptau – die erste Frage: Wird es nach den Wahlen wieder eine Koalition mit der FPÖ geben? Kurz betont immer wieder: keine Prognosen vor den Wahlen. Kein Ja und kein Nein. Offener redet Kurz über die „großen Themen“: Wo er mit der FPÖ in Konkurrenz tritt: Migration muss bereits in Afrika „oberhalb der Sahara“ gestoppt werden. Eine strategische Folgerung, die Netanjahu bereits vor Jahren zur Forderung erhob. Nur so könne den Schleppern wirksam das Handwerk gelegt werden.

Botschaft in Tel Aviv

Auch die iranische Politik mit Nuklear-Anreicherung und der Aufrüstung ihrer Verbündeten in Nahost ist ein weiteres Thema. Kurz ist für das Nuklear-Abkommen. Anders als Netanjahu. Doch die iranische Reaktion der Aufkündigung ganzer Teile des Abkommens hält Kurz für nicht akzeptabel. Einer etwaigen Verlegung der österreichischen Botschaft nach Jerusalem erteilt Kurz eine klare Absage.

Als „Wahlkampf-Berater“ war der erfahrene Netanjahu sicher eine gute Adresse. Die SPÖ hatte Silberstein, die ÖVP Netanjahu, meinte ein Beobachter.

NORBERT JESSEN, Jerusalem

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