Gusenbauer kritisiert Sanktionen gegen Russland

Gusenbauer kritisiert Sanktionen gegen Russland
Auftritt bei Russland-affiner NGO: Ex-Kanzler beklagt, dass die Strafmaßnahmen "tiefer in die Krise" führen.

Sanktionen sind kein Weg aus der Krise, sondern sie führen tiefer in die Krise", kritisierte am Samstag Ex-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer aktuelle westliche Maßnahmen gegen Russland. Er trat in Rhodos bei einer Konferenz des in Wien ansässigen "World Public Forum 'Dialog of Civilizations'" auf, dem er gemeinsam unter anderem mit dem Putin-Vertrauten Wladimir Jakunin vorsteht.

Beim "Rhodos Forum", das seit 2003 jeden Herbst auf der griechischen Insel stattfindet, handelt es sich um groß angelegte Diskussionsveranstaltung der Wiener Nichtregierungsorganisation mit russischen Wurzeln. Als Mastermind dieser NGO und ihrer Aktivitäten gilt Wladimir Jakunin, der Medienberichten zufolge Mitarbeiter des KGB (Auslandsspionage) war, in den neunziger Jahren gemeinsam mit dem späteren Präsidenten Wladimir Putin an einer legendären Datschen-Genossenschaft beteiligt war und seit 2005 die staatlichen russischen Eisenbahnen leitet.

Nebenberuflich gilt Jakunin als umtriebiger Veranstalter: Ende März organisierte er eine Konferenz in St. Petersburg, die sich mit Neofaschismus in der Ukraine beschäftige, und zuletzt in Moskau das "Internationale Forum 'Mehrkindfamilien und die Zukunft der Menschheit'". Bei dieser Konferenz hatte der Wiener FPÖ-Politiker Johann Gudenus mit Thesen zu einer "mächtigen Homosexuellenlobby in Europa" für Aufregung gesorgt.

"Schande"

Gusenbauer sprach am Samstag bei seinem im Internet übertragenen Auftritt von "gewaltigen Herausforderungen", mit denen sich die Welt konfrontiert sehe. Er nannte die Ebola-Epidemie in Afrika sowie die aktuellen Vorgänge in Syrien und im Irak im Zusammenhang mit dem Vormarsch der radikalen IS-Islamisten. "Was dort passiert ist eine absolute Schande", sagte der Ex-Kanzler: Die Situation im Irak sei aber auch ein Symbol dafür, dass mangels Kooperation die internationale Staatengemeinschaft diese Herausforderungen nicht lösen könne.

Die Konfliktsituation in der Ukraine, an der sich die USA, Europa und Russland beteiligten, widerspreche daher den Notwendigkeiten der Zeit, erklärte Gusenbauer. Die Implementierung von Sanktionen mache es unmöglich eine Basis der Kooperation zu schaffen, die dringend nötig wäre. "Sanktionen erreichen nicht das gewünschte Ziel, sie vergiften das Klima zwischen Hauptakteuren der Weltpolitik und sie schaden der Wirtschaft in Europa und in Asien", sagte der ehemalige SPÖ-Politiker. Er plädierte in Bezug auf die Ukraine dafür, jene zu unterstützen, die für Frieden eintreten, rhetorisch abrüsten und für pragmatische Lösungen bereit seien.

Kein Vorwurf an Russland

Ohne Russland konkret zu beschuldigen, erklärte Gusenbauer, dass im Konflikt in und um die Ukraine Völkerrecht verletzt worden sei. Dies sei aber auch im Kosovo, im Irak und womöglich in Syrien passiert. "Kein einziger Staat auf der Welt hat die Kapazität, dauerhaft gegen das Völkerrecht zu verstoßen", warnte er.

Vor dem österreichischen Ex-Politiker hatte am Freitag der ebenfalls angereiste tschechische Präsident Milos Zeman ebenso die westlichen Sanktionen kritisiert, die insbesondere auch den Veranstalter persönlich betreffen. Im Zusammenhang mit der Krim-Annexion und dem russischen Engagement im Osten der Ukraine war Wladimir Jakunin im vergangenen März von den USA und später auch von Australien auf Sanktionslisten gesetzt worden. Zeman sollte Medienberichten zufolge zudem am Sonntagabend von der Jakunin-NGO den internationalen Preis "Dialog der Zivilisationen" entgegennehmen.

Alfred Gusenbauer selbst war kurz vor seinem Rücktritt als Bundeskanzler im Herbst 2008 mit diesem Preis ausgezeichnet worden, zuvor hatte er als amtierender österreichischer Regierungschef auch das "Rhodos Forum" besucht. Seit Februar 2009 wird der ehemalige SPÖ-Politiker nunmehr als Co-Vorsitzender des "World Public Forum 'Dialog of Civilizations'" geführt, das in der Wiener Innenstadt über ein Büro verfügt.

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