Krim-Brücken bombardiert: Ein Angriff auf die Versorgungsader der Russen
Seit 17 Monaten verteidigt sich die Ukraine gegen russische Angriffe. Zuletzt haben sich die Kriegsschauplätze abseits der Frontlinie Beobachtern zufolge erneut etwas verlagert.
Kiew wählt demnach aufsehenerregendere Angriffsziele, wie etwa russische Kriegsschiffe, oder feuert Drohnen auf die Hauptstadt Moskau ab. Die russischen Streitkräfte wiederum gingen zuletzt auf regelmäßige Angriffe am Schwarzen Meer über - und zielen so auf eine der wichtigsten wirtschaftlichen Lebensadern des Landes ab.
In einem weiteren Versuch, russische Truppen von wichtigen Nachschubwegen abzuschneiden, hat die Ukraine am Sonntag zwei Brücken zur Halbinsel Krim angegriffen.
Tschonhar- und Henitschesk-Brücke
Dem Besatzungschef des südukrainischen Gebiets Cherson, Wladimir Saldo, zufolge wurde die Tschonhar-Brücke zwischen der Krim und dem ukrainischen Festland von einer Rakete getroffen und beschädigt. Der Verkehr musste demnach gesperrt werden.
Auch etwas weiter nordöstlich bei Henitschesk sei eine Brücke mit mehreren Raketen beschossen worden, schrieb Saldo auf Telegram. Den russischen Besatzungsbehörden der Krim zufolge war nach den Angriffen der Autoverkehr zur Halbinsel im Norden nur noch an zwei Verbindungswegen zum Festland möglich.
Zuvor hatte die Ukraine auch die Krimbrücke von Kertsch nach Russland beschossen, um die Truppen in Cherson von der wichtigen Versorgungslinie abzuschneiden. Der Straßen- und Schienenverkehr lief dort aber weiter.
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Ukraine bekannte sich schon wenige Stunden später
In einem unüblichen Vorgehen reklamierten die ukrainischen Streitkräfte die Angriffe wenige Stunden später für sich. Ihren Angaben zufolge waren die „zwei wichtigen Versorgungsrouten der russischen Besatzer“ am Sonntagnachmittag angegriffen worden.
Davor hatte Kiew Angriffe auf Brücken zur Krim erst viel später eingeräumt. Unabhängig zu überprüfen waren die Angaben zunächst nicht.
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Die Tschonhar-Brücke ist eine wichtige Nachschubroute für die russische Armee.
Sie wurde in diesem Sommer bereits mehrfach von den Ukrainern im Zuge ihrer Gegenoffensive angegriffen. Kiew will alle von Russland besetzten Teile seines Staatsgebiets befreien - und dazu zählt auch die bereits 2014 völkerrechtswidrig von Moskau einverleibte Krim.
Russische Logistik erschwert
Die ukrainischen Schläge gegen die Brücken erschweren die russische Logistik. Die russischen Besatzungstruppen seien nun gezwungen, ihren Verkehr wegen der Schäden an den Autobrücken von Tschonhar und Henitschesk über die längeren Wege im Westen der Krim umzuleiten, teilte etwa das US-Institut für Kriegsstudien ISW in Washington am Sonntag mit.
Die Schläge gegen die wichtigen Verkehrslinien schafften die Bedingungen für künftige entscheidende Einsätze der laufenden ukrainischen Gegenoffensive, hieß es.
Die Schläge gegen die Brücken von Tschonhar und Henitschesk erschwerten nun auf unbestimmte Zeit auch den Transport von Personal, Material und Ausrüstung für die russischen Verteidigungsstellungen im Westen des Gebiets Saporischschja und im Grenzgebiet Saporischschja-Donezk, hieß es in der ISW-Analyse.
Es sei unklar, wie schnell den russischen Besatzern eine Reparatur gelingen werde. Ebenfalls nicht klar sei, ob die Ende Juli beschossene Bahnbrücke bei Tschonhar bereits wieder repariert und einsatzfähig sei.
Die US-Experten wiesen auch darauf hin, dass die ukrainischen Streitkräfte allem Anschein nach ihre Anstrengungen, den russischen Nachschub zu stoppen, auch auf Seeziele im Schwarzen Meer ausgeweitet hätten.
In der Nacht zum Samstag war ein russischer Tanker vor der Krim mit einer Seedrohne beschossen und im Maschinenraum schwer beschädigt worden.
Der Tanker soll auch das russische Militär mit Treibstoff versorgt haben. An dem Schiff liefen den russischen Behörden zufolge Reparaturarbeiten.
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