Erneuter Beschuss: AKW Saporischschja von Stromnetz getrennt

Atomkraftwerk Saporischschja
Nur noch Dieselgeneratoren versorgen das Atomkraftwerk im Süden. Im Zentrum und Nordosten des Landes werden außerdem russische Angriffe gemeldet.

Tag 253 nach dem russischen Angriff auf die Ukraine:

Das Atomkraftwerk Saporischschja im Süden der Ukraine ist nach russischem Beschuss vom Stromnetz getrennt. Die verbliebenen Hochspannungsleitungen seien getroffen und beschädigt worden, teilt der ukrainische Betreiber Energoatom mit. Das AKW werde nur noch über Dieselgeneratoren versorgt. Der Diesel-Vorrat reiche für 15 Tage.

Das AKW ist das größte in Europa. Es ist seit längerem von russischen Truppen besetzt, wird aber von den ukrainischen Beschäftigten betrieben.

Erneuter Beschuss

Das Gelände des Kraftwerkes in der Stadt Enerhodar wurde wiederholt von Geschossen getroffen, wofür sich die Kriegsparteien gegenseitig verantwortlich machen. Sie werfen einander vor, damit eine atomare Katastrophe zu riskieren. Die Stadt Enerhodar liegt in der Region Saporischschja, nahe der Grenze zur Region Cherson im Süden der Ukraine. Dort kommt es immer wieder zu Kämpfen zwischen ukrainischen und russischen Truppen.

Russischer Beschuss im Zentrum und im Nordosten

In der Nacht auf Donnerstag haben russische Truppen nach Angaben des ukrainischen Militärs die Stadt Kriwij Rih im Zentrum des Landes beschossen. Auch Sumy und Charkiw im Nordosten seien angegriffen worden. In den Regionen Luhansk und Donezk im Osten hielten die Kämpfe an. "Der Feind versucht, die vorübergehend eroberten Gebiete zu halten", teilt der ukrainische Generalstab mit. "Er konzentriert seine Bemühungen darauf, die Aktionen der Verteidigungskräfte in bestimmten Gebieten einzudämmen."

Intensive Kämpfe besonders um Bachmut und Soledar

Die Ukraine hat am Mittwoch indes von intensiven Kämpfen mit russischen Einheiten im Donbass besonders um die Städte Bachmut und Soledar berichtet. "Dutzende Angriffe an einem Tag" seien zurückgeschlagen worden, sagte die stellvertretende Verteidigungsministerin Hanna Maljar am Mittwoch im ukrainischen Fernsehen. Rücke die russische Armee vor, antworte die Ukraine umgehend mit einer Gegenattacke.

Russland setzte nach Angaben des ukrainischen Generalstabs Angriffe mit Raketen und iranischen Drohnen auf Infrastruktur in mehreren Regionen des Landes fort. Den Behörden im Raum Charkiw zufolge wurden bei Attacken fünf Frauen und zwei Männer verletzt. Die Angreifer hätten mit Schüssen aus Artillerie vier Privathäuser, zwei Hochhäuser und ein Geschäft beschädigt, hieß es. Die Ukraine berichtete ihrerseits von der Zerstörung unter anderem eines Munitionslagers. Unabhängig bestätigen ließen sich die Angaben aus dem Kampfgebiet nicht.

Angriffe auf Energie-Infrastruktur

Russland hatte zuletzt gezielt die Energie-Infrastruktur der Ukraine angegriffen. Zahlreiche Kraftwerke wurden getroffen, es gibt täglich Stromausfälle. In der Region Kiew wurde die Stromversorgung am Mittwoch unterbrochen. Der Verbrauch habe erheblich zugenommen - um einen massiven Ausfall zu vermeiden, habe man sich zu diesem Schritt entschlossen, teilte der Versorger Ukrenerho in der Hauptstadt mit.

Kiew schätzt Zahl der Vermissten auf 7.000

Die ukrainische Regierung schätzt die Zahl der Vermissten im Krieg gegen Russland auf rund 7.000. Genaue Angaben seien wegen der Kampfhandlungen aber unmöglich, teilte die stellvertretende Verteidigungsministerin Hanna Maljar am Mittwoch der Agentur Unian zufolge mit. Die Zahlen würden meist spät und ungenau übermittelt.

Maljar rief die Bevölkerung auf, keine persönlichen Angaben über vermisste Angehörige im Internet zu verbreiten - zumal, wenn es sich um Soldaten handle. "Der Feind nutzt diese Information. Veröffentlichen Sie kein Foto eines Vermissten in Uniform und mit persönlichen Daten. Diese Person könnte sich in den vorübergehend besetzten Gebieten in Zivil verstecken, und das könnte ihn entlarven. Es könnte auch den Gefangenenaustausch erschweren." Die Vize-Verteidigungsministerin appellierte, sich im Bedarfsfall an spezielle Koordinierungsstellen zu wenden.

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte den Angriff auf das Nachbarland Ukraine am 24. Februar befohlen. Der Krieg dauert schon mehr als acht Monate.

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