Teilmobilmachung und Sanktionen schaden russischer Wirtschaft enorm

Russian President Putin chairs a Security Council meeting in Sochi
Offizielles Staatsbudget für 2023 entspricht Ökonomen zufolge nicht der Realität. Teilmobilmachung kostet bis zu 49 Milliarden Euro.

Die Kosten der russischen Teilmobilisierung und die Wirkung der westlichen Sanktionen dürften große Auswirkungen auf das Budget der russischen Regierung für das kommende Jahr haben und die Finanzreserven des Staates auf den niedrigsten Stand seit Jahren sinken lassen. Das ergab ein Rundruf der britischen Nachrichtenagentur Reuters bei unabhängigen, mit der russischen Wirtschaft vertrauten Ökonomen.

Acht Monate nach Beginn der russischen Invasion in der Ukraine hat der Kreml nun das offizielle Regierungsbudget für das kommende Jahr 2023 präsentiert. Mit der Realität habe diese offizielle Version aber wenig zu tun, so die nabhängige Ökonomin Alexandra Suslina gegenüber Reuters.

"Die Wirtschaftsprognose, auf dem das neue Budget basiert, wurde noch vor der Teilmobilmachung berechnet. Sie bezieht also auch die neuesten EU-Sanktionen nicht mit ein und spiegelt deshalb die Realität nicht wieder", so Suslina. Auch die Kosten der völkerrechtswidrigen Annexion der vier ukrainischen Regionen Cherson, Saporischschja, Donezk und Lugansk seien noch nicht einkalkuliert.

Kosten der Teilmobilmachung bis zu 50 Milliarden

Die Folgen der Teilmobilmachung, des ausbleibenden Kriegserfolges sowie der westlichen Sanktionen wären mittlerweile deutlich spürbar für die russische Wirtschaft. Das gestehe sich inzwischen auch die Regierung in Moskau ein. Nur in darüber, wie negativ sich das alles auswirke, unterscheiden sich die Darstellungen des Kreml von jenen der Expertinnen und Experten.

Offizielle russische Prognosen gehen davon aus, dass das BIP im nächsten Jahr um gerade einmal 0,8 Prozent sinken wird. Einer Reuters-Umfrage unter Analysten zufolge gehen die Ökonomen im Schnitt von einem Minus in Höhe von 2,5 Prozent aus. Die Weltbank rechnet sogar mit einem Rückgang von 3,6 Prozent.

Dmitry Polevoy, Investmentdirektor beim Moskauer Broker Locko Invest, schätzt, dass die Auszahlungen an die mobilisierten Personen - einschließlich überdurchschnittlich hoher Gehälter und Entschädigungen im Falle von Verletzungen oder Tod - den Staat zwischen 15 und 49 Milliarden Euro kosten dürften. Das Finanzministerium in Moskau wollte diese Zahl nicht kommentieren.

Das russische Finanzministerium sieht die Einnahmen abseits des Energiesektors im Jahr 2023 bei 11,5% des BIP. Analysten halten aber auch das für wenig realistisch: "Die Verbrauchernachfrage wird sinken, die Menschen werden weniger, billiger und in geringerer Qualität kaufen. Und dann müssen die Prognosen für die nicht-energetischen Einnahmen revidiert werden", so Suslina.

Dass der Kreml derart falsche Zahlen veröffentliche, sei nicht nur ein Versuch, die eigene Bevölkerung zu täuschen - es sei auch bereits der Beginn einer Propaganda-Kampagne, um die Wiederwahl des Präsidenten Wladimir Putin zu garantieren. Auch wenn Kreml-Sprecher Dmitri Peskow zufolge noch gar nicht klar sei, ob Putin überhaupt erneut antreten werde.

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