Deutsche Koalition belastet - "AKK" beerbt von der Leyen
CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer wird überraschend neue deutsche Verteidigungsministerin. Das bestätigte der stellvertretende CDU-Vorsitzende Thomas Strobl am Dienstagabend der dpa. Kramp-Karrenbauer wird damit Nachfolgerin von Ursula von der Leyen, die das Europaparlament zuvor zur neuen EU-Kommissionspräsidentin gewählt hatte.
Der Wechsel kommt überraschend, weil es immer geheißen hatte, Kramp-Karrenbauer (56) wolle nicht ins Kabinett von Kanzlerin Angela Merkel gehen, sondern sich auf die Aufgabe als CDU-Chefin konzentrieren. In Präsidiumskreisen wurde von einem starken Signal von Kramp-Karrenbauer gesprochen. Auch in dieser Runde sei die Entscheidung für viele völlig überraschend gekommen, hieß es.
Ansonsten keine Veränderungen
Wie die dpa erfuhr, sind ansonsten keine Veränderungen im Bundeskabinett geplant. Die Vereidigung sei für diesen Mittwoch vorgesehen. Somit nimmt Merkel an ihrem 65. Geburtstag ihre Wunschnachfolgerin als Kanzlerin in ihre Regierungsmannschaft auf.
Lange hatte es geheißen, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn solle neuer Verteidigungsminister werden. Er hatte sich im vergangenen Jahr für den CDU-Vorsitz beworben, war aber Kramp-Karrenbauer unterlegen.
Merkel hatte Stunden zuvor bereits angekündigt, die wichtige Funktion könne man nicht unbesetzt lassen. "Es wird eine sehr schnelle Neubesetzung geben. Das Bundesverteidigungsministerium, der Verteidigungsminister oder die Ministerin, sind Inhaber der Befehls-und Kommandogewalt. Das kann man nicht lange offen lassen", sagte die Kanzlerin in Berlin.
Von der Leyen hatte am Montag erklärt, ihr Amt schon am Mittwoch zur Verfügung zu stellen.
Belastung für "GroKo"
Die knappe Wahl der CDU-Politikerin Ursula von der Leyen zur künftigen EU-Kommissionspräsidentin belastet die große Koalition in Deutschland. In scharfen Worten kritisierte CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer die Weigerung des Koalitionspartners SPD, von der Leyen zu unterstützen. CSU-Generalsekretär Markus Blume warf der SPD ein "unsägliches Verhalten" vor.
Führende Sozialdemokraten gratulierten von der Leyen zur Wahl und stellten eine konstruktive Zusammenarbeit bei gemeinsamen Anliegen in Aussicht.
Kramp-Karrenbauer hob hervor, dass sich die deutsche SPD mit ihrer Ablehnungshaltung auch in den Reihen der europäischen Sozialdemokraten in die Minderheit manövriert habe: Dort habe von der Leyen nämlich eine "deutlichen Mehrheit" erhalten - trotz einer "Kampagne gegen Ursula von der Leyen" von Seiten der SPD-Abgeordneten.
"Seltsam und befremdlich"
"Umso seltsamer und befremdlicher ist die Tatsache, dass die erste Deutsche an der Spitze der Kommission seit mehr als 50 Jahren nicht die Unterstützung von SPD-Abgeordneten und Grünen-Abgeordneten im Europäischen Parlament erhalten hat", sagte die CDU-Chefin. "Das ist etwas, was sicherlich auch in Deutschland selbst noch einmal zu Nachfragen führen wird."
CSU-Generalsekretär Blume sagte der Welt: "Das unsägliche Verhalten der SPD ist eine Belastung für die Groko." Das gesamte Parlament habe aber "Verantwortung für Europa gezeigt und die destruktive Haltung der deutschen Sozialdemokraten überstimmt".
Die SPD-Europaabgeordneten hatten sich vor der Wahl auf eine Ablehnung von der Leyens festgelegt. Sie argumentierten unter anderem, dass die Christdemokratin nicht als Spitzenkandidatin bei der Europawahl angetreten sei.
Trotz Widerstands der SPD hatte die Führung der sozialdemokratischen Fraktion im Europaparlament am Dienstag eine Wahlempfehlung für von der Leyen abgegeben. Nach Fraktionsangaben zeichnete sich ab, dass rund 50 Sozialdemokraten gegen von der Leyen stimmen wollten und hundert andere für sie. Die Wahl war geheim.
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