Im Schnitt 25 Millionen Euro an Visagebühren haben die Bewohner des Kosovo - nicht nur der jüngste, sondern auch der ärmste Staat Europas - so bisher pro Jahr ausgegeben.
Doch auch, wer sich ein Visum leisten konnte, musste oftmals mit langen Wartezeiten rechnen. „Manchmal stand man stundenlang vor der Botschaft, um seine Dokumente abzugeben und dann am Ende doch kein Visum zu bekommen. Davor wartete man zum Teil Monate auf einen Termin“, sagt Çerkini.
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Sie selbst habe in den vergangenen Jahren schon so einige Arbeitsmöglichkeiten verloren, weil sie kein Visum für den EU-Schengenraum bekommen habe: „Das war für mich und viele andere schmerzhaft.“
Keine Arbeitsberechtigung
Wobei auch mit 1. Jänner keine Arbeitsberechtigung für Kosovaren in der EU besteht, wie in Brüssel betont wird - etwa vom EVP-Kosovobeauftragten im Europarlament, Lukas Mandl, der noch hinzufügt: "Die Visaliberalisierung bedeutet außerdem keine Aufenthaltsgenehmigung". Es gehe allein um touristische Reisen.
In den vergangenen sieben Jahren haben verschiedene EU-Mitgliedsstaaten die Visafreiheit für den Kosovo immer wieder blockiert. Das liegt auch daran, dass fünf EU-Länder den Kosovo noch immer nicht als unabhängig anerkennen (Griechenland, Rumänien, die Slowakei, Spanien und Zypern). Auch in diese Staaten sollten Kosovaren ab 2024 reisen können, wobei man laut Mandl beobachten müsse, ob z.B. in Spanien "nationale Restriktionen" versucht würden. Es wird vermutet, dass Reisende aus dem Kosovo trotz Liberalisierung in Spanien zurückgewiesen werden könnten, weil der spanische Staat Dokumente der Republik Kosovo nicht anerkennt.
Die EU-Kommission erklärte den langen Prozess unter anderem mit dem Grenzstreit zwischen dem Kosovo und Montenegro und den Konflikten im Dialogprozess mit Serbien.
"Mosaikstein"
Warum die Visafreiheit jetzt nach so vielen Jahren doch noch kommt? "Ohne Putins Angriffskrieg auf die Ukraine käme sie noch immer nicht - genauso, wie Bosnien und Herzegowina, die Ukraine und Georgien keinen Kandidatenstatus hätten und Finnland, sowie Schweden hoffentlich bald, nicht bei der NATO wäre", glaubt Mandl. Die Visafreiheit sei daher als "Mosaikstein" in einem größeren Kontext "vieler guter Anfänge" zu sehen. Er bewundere die Geduld der Kosovaren - ihre Wartezeit sei deutlich zu lange gewesen-, fordere sie aber dennoch dazu auf, nicht auszuwandern.
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Journalistin Çerkini berichtet: "Es gibt die Sorge, dass einige Kosovaren nach den 90 Tagen illegal in den europäischen Ländern bleiben und dort auch illegal arbeiten könnten." Ob es tatsächlich dazu kommt, darüber könne man erst in 90 Tagen sprechen. Viele Kosovaren hätten für die Tage nach Neujahr jedenfalls bereits Flüge in die EU gebucht.
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