Spaniens Wirtschaft schert sich nicht um Regierung

Harte Bedingungen für Koalition: Liberalen Chef Rivera (re.) und Interims-Premier Rajoy
Koalition von Konservativen und Liberalen zeichnet sich ab. Für Spanien aber läuft es auch ohne Regierung.

Eigentlich war es ja eine Satirezeitung, die die Parole ausgab, inzwischen aber nehmen die immer mehr Spanier verdammt ernst. "Spanien läuft von allein" ist inzwischen zum geflügelten Wort geworden. Und während in Madrid weiter an einer Regierung gebastelt wird, machen Kommentatoren und Meinungsmacher deutlich, dass es ja eigentlich ohne ziemlich gut läuft.

Angst war übertrieben

Zwar haben die Staatsschulden des Landes inzwischen die 100-Prozent-Marke (des BIP) überschritten, doch die EU hat dem Land gerade erst die eigentlich zwingende Geldstrafe wegen zu hoher Verschuldung erlassen. Die Wirtschaft wächst mit mehr als 2,5 Prozent schneller als anderswo in Europa. Die Arbeitslosigkeit, seit der Krise 2008 Spaniens drückendstes Problem, ist deutlich deutlich gesunken. Der Tourismus profitiert von der Krise in Ländern wie der Türkei und Ägypten und schreibt Rekordzahlen.

Dass man seit vergangenem Dezember zwei Parlamentswahlen absolviert und immer noch keine Regierung hat, scheint die Wirtschaft also nicht zu stören. Selbst die am häufigsten in den Medien geäußerte Befürchtung, ein führungsloses Spanien werde sich auf den internationalen Finanzmärkten frisches Geld nur noch für dramatisch höhere Zinsen besorgen können, hat sich nicht bewahrheitet. "Die alarmistischen Meldungen waren offensichtlich ziemlich übertrieben", meint der Kommentator eines Wirtschaftsmagazins.

Harte Verhandlungen

Erstmals scheint man in Madrid einer Regierung zumindest einen großen Schritt nähergekommen zu sein. Die konservative PP, die auch die zweiten Parlamentswahlen Ende Juni gewonnen hat, verhandelt ernsthaft mit der liberalen Partei Ciudadanos ("Bürger") über eine Koalition. Kommt die zustande, hat man gute Chancen, vom Parlament abgesegnet zu werden. Die Sozialisten könnten diese Regierung zwar blockieren, wollen aber nicht für einen dritten Wahlgang verantwortlich sein.

Muss nur noch die Hürde, die Ciuadanos für eine Koalition aufgestellt hat, überwunden werden. Sechs Punkte hat man formuliert, an denen, so hat es Ciudadanos-Chef Rivera klar gemacht, "nicht herumradiert werden darf". Der wichtigste: Politiker, die unter Verdacht der Korruption stehen, müssen vor Gericht und die Politik verlassen. Doch von solchen hat gerade die von Skandalen gebeutelte PP mehr als genug.

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