Österreich-Türkei: Lipizzaner und Trippelschritte

Cavusoglu und Kneissl bei den Lipizzanern
Außenministerin Karin Kneissl empfing und umwarb ihren türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu

Politik ist, wie man seit Bismarck weiß, die Kunst des Möglichen und für die Diplomatie gilt das umso mehr. Zwischen der Türkei und Österreich ist diplomatisch derzeit nicht viel möglich. Vom Ruf nach dem endgültigen Aus für die EU-Beitrittsverhandlungen aus Wien bis zum Streit um die politische Unterwanderung der türkischen Muslime in Österreich, gibt es sehr viel Konflikte und wenig Gemeinsamkeiten. Außenministerin Karin Kneissl hat eine Verbesserung der Beziehungen mit Ankara ganz oben auf ihre To-Do-Liste gesetzt und fährt seither eine diplomatische Charmeoffensive. Nach ihrem Besuch in Istanbul vor einigen Wochen und dem dortigen ersten Treffen mit Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu kam der jetzt zum Gegenbesuch nach Wien. Tierfreundin Kneissl hatte sich für ihren Gast etwas Besonderes ausgedacht und hatte gleich für Donnerstag Morgen einen Besuch der Spanischen Hofreitschule organisiert. Cavusoglu, von den Lipizzanern sichtlich angetan, bedankte sich vor der Presse ausgiebig für die Gastfreundschaft der Außenministerin und die freundliche Aufnahme in Wien.

Leichtes Tauwetter

"Freundschaft vertiefen", "Schritte setzen", "künstlich erzeugte Probleme", die sich doch allesamt "mit Leichtigkeit beseitigen" ließen: Die beiden Außenminister sparten nicht mit Freundlichkeiten und netten Worten. Man ist, wie man auch abseits der Pressekonferenz erfuhr, tatsächlich intensiv um eine Verbesserung des Klimas zwischen den beiden Ländern bemüht. Auf "mehreren Ebenen" werde man diese Bemühungen intensiv fortsetzen, versprach Kneissl. Demnächst schon werden die Wirtschaftsminster beider Länder zusammentreffen. Ankara hat bereits beim ersten Treffen der Außenministerin einen politischen Erfolg nach Wien mitgegeben. Österreichische Archäologen, die ja ihre Ausgrabungen im türkischen Ephesos als Folge der politischen Eiszeit einstellen mussten, dürfen inzwischen wieder in der weltberühmten antiken Stadt an der Ägaisküste arbeiten.

NATO-Blockade beendet

Diesmal kündigte Cavusoglu die Aufhebung einer weiteren Blockade an. Das NATO-Land Türkei hat lange jede Kooperation Österreichs mit der Militärallianz blockiert. Zumindest im zivilen Bereich wird die jetzt aufgehoben. Vertreter Österreichs sind jetzt im NATO-Hauptquartier in Brüssel wieder willkommen. Außerdem lobten beide die militärische Zusammenarbeit in Bosnien-Herzegowina und wollen die in Zukunft auch ausbauen.

Erste kleine Schritte der Annäherung, die vor allem die Türkei für sich beansprucht, wie der Außenminister in Wien deutlich machte. Österreich müsse seinerseits auch aktiv werden, "nur einseitige Schritte von der Türkei verlangen, geht nicht". Gerade in Anbetracht der kommenden EU-Präsidentschaft Österreichs im zweiten Halbjahr 2018 erwartet man sich in Ankara offensichtlich positive Signale. Viel Spielraum für konkrete politische Fortschritte hat man aber derzeit merklich noch nicht. Zu heiklen Themen wie den zwei Staatsbürgerschaften, die Tausende Türken in Österreich besitzen, wollte man sich nur unverbindlich äußern, und das Thema EU-Beitrittsverhandlungen hatte man, um den Frieden zu bewahren, gleich komplett "ausgeklammert".

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