Fall Khashoggi: Journalist angeblich verstümmelt und geköpft

Kommen die saudi-arabischen Verdächtigen aus dem engsten Umfeld von Kronprinz Salman?

Noch ist die Verteidigungslinie Saudi-Arabiens und der USA im Fall Khashoggi einigermaßen geschlossen. Die lautet kurz zusammengefasst: Riad will von einem Mord oder gar der Entsendung eines Killerkommandos nichts gewusst haben, Washington schenkt dem Glauben und vertraut den saudischen Behörden bei der Aufklärung des Falles. Sollte sich aber nur in Ansätzen bewahrheiten, was türkische und US-Medien in dem Fall Tag für Tag zutage befördern, könnte diese Linie sehr bald nicht mehr haltbar sein.

Denn laut New York Times dürften einige Hauptverdächtige aus dem engsten Umfeld von Kronprinz Mohammed bin Salman kommen. Der Journalist Jamal Khasoggi hatte ihm im KURIER-Interview absolute Herrschaft vorgeworfen. Eine Rückkehr aus dem US-Exil nach Saudi Arabien hatte er dabei ausgeschlossen: zu gefährlich.

Salman ist der eigentliche starke Man in Saudi-Arabien. Und zumindest einer der Verdächtigen war bei Auslandsreisen des Kronprinzen dabei. Fotografiert wurde der Mann mit dem Namen Maher Abdulaziz Mutreb mit dem Prinzen in Paris, Madrid, Boston, Houston sowie bei der UNO in New York. Es könnte sich um einen Leibwächter handeln. Bei einem weiteren Verdächtigen soll es sich um einen Gerichtsmediziner handeln, der eine hohe Position im Innenministerium innehat. In Summe wurden 15 Verdächtige identifiziert, neun werden staatlichen saudischen Stellen zugeordnet.

Der im Exil lebende Journalist Jamal Khashoggi hatte das saudische Konsulat zu einem festgesetzten Termin am 2. Oktober aufgesucht, um Dokumente für seine geplante Heirat zu erhalten. Seit damals ist er verschwunden. Riad weist jede Verantwortung zurück. Im Zuge des Besuchs von US-Außenminister Pompeo in Riad versprach man aber, den Fall zu untersuchen. Aus Washington hieß es dazu, bevor man den Fall beurteile, werde man diese Untersuchung abwarten.

Verstümmelt

Mike Pompeo war gerade von einer Schadenbegrenzungs-Tour in Saudi-Arabien und in die Türkei auf dem Heimweg, da platzte eine türkische Zeitung mit neuen Details heraus. Demnach seien Khashoggi bei einem Verhör im saudischen Konsulat in Istanbul die Finger abgeschnitten worden, ehe man ihn enthauptet habe. Die Zeitung Yeni Safak beruft sich auf Audioaufnahmen. Darauf sei zu hören, wie Konsul Mohammed al-Otabi sagt: „Macht das draußen, ihr werdet mir Probleme bereiten.“ Ein Mann antworte: „Willst du leben, wenn du nach Saudi-Arabien zurückkehrst, sei still.“

Al-Otabi hatte die Türkei am Dienstag in Richtung Saudi-Arabien verlassen. Zu dem Zeitpunkt durchsuchten saudische und türkische Ermittler das Konsulat in Istanbul. Der Durchsuchung war ein langes diplomatisches Ringen sowie eine offensichtlich gründliche Reinigung der Liegenschaft vorausgegangen.

Angeblich soll Riad bereits an einer Erklärung arbeiten. Demnach, so US-Medien, soll der Tod Khashoggis eingestanden und als Unfall im Zuge einer Befragung dargestellt werden. Sollte aber – wie türkische Stellen behaupten – Ton- und Videomaterial vorliegen und sich der Tathergang (Finger abschneiden, enthaupten) bestätigen, wäre diese Linie der Verteidigung auch hinfällig.

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