Kerry: "Atom-Deal macht Welt sicherer"

Iran feiert "historischen Augenblick". Israel läuft gegen Abkommen Sturm.

Es sei "ein Zeichen der Hoffnung für die ganze Welt." Federica Mogherini war sichtlich erleichtert. Gemeinsam mit dem Iranischen Außenminister Mohammad Jawad Zarif verkündete die EU-Außenbeauftragte am Dienstag die Beilegung des Atomstreits. 17 lange Tage hatten die UN-Vetomächte, Deutschland und der Iran im Wiener Palais Coburg verhandelt, eine Lösung immer wieder verschoben. Zarif sprach von einem "historischen Augenblick". Das Abkommen sei zwar "für niemanden perfekt", aber "es ist das, was wir erreichen konnten".

US-Außenminister John Kerry, der die gesamten 17 Tage hindurch in Wien war, betonte, das erzielte Abkommen mache die Welt sicherer und sei die beste Alternative von allen. "Das ist der gute Deal, den wir wollten", erklärte Kerry am Dienstagnachmittag im Wiener Austria Center.

Leitartikel: Historischer Pakt mit offenem Ausgang

Sanktionen werden aufgehoben

Mit der nunmehrigen Einigung verpflichtet sich der Iran, sein Atomprogramm stark zurückzufahren. Im Gegenzug werden die gegen das Land verhängten Sanktionen aufgehoben (welche Auswirkungen das auf den Iran hat, lesen Sie hier). Der Durchbruch in dem rund 13 Jahre lang schwelenden Konflikt wurde weltweit als historischer Erfolg gefeiert, scharfe Kritik kam vor allem aus Israel.

Irans Präsident Hassan Rohani erklärte, das Abkommen öffne "neue Horizonte". Die Einigung zeige, dass "Gott die Gebete der Nation erhört hat", sagte er in einer Fernsehansprache. US-Präsident Barack Obama sagte im US-Fernsehen, für den Iran sei nun "jeder Pfad" zur Atombombe abgeschnitten. Die Verbreitung von Atomwaffen im Nahen Osten sei "gestoppt".

Netanyahu: "Historischer Fehler"

Der US-Kongress, in dem viele Abgeordnete eine Kooperation mit dem Iran ablehnen, muss aber noch zustimmen. Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu geißelte die Einigung gar als "historischen Fehler" und warnte: "Wir haben uns verpflichtet, einen atomar bewaffneten Iran zu verhindern. Dazu stehen wir".

Ganz anders erste Reaktionen der Hardliner in Teheran: "Das Atomteam hat in einer einzigartigen Art und Weise und mit viel diplomatischem Geschick die Interessen des Landes erfolgreich verteidigt", meldete sich die konservative Partei Isargaran (Selbstlose)zu Wort.

17 Tage ohne Unterbrechung

Mit der Vereinbarung geht ein Verhandlungsmarathon in Wien zu Ende, der die Welt 21 Monate lang in Atem hielt. Zuletzt hatten die Unterhändler 17 Tage ununterbrochen in der österreichischen Hauptstadt über das Abkommen verhandelt. Die Übereinkunft ist in Zeiten vieler Konflikte einer der wenigen überragenden diplomatische Erfolge. Sie markiert auch ein Ende der Eiszeit in den Beziehungen zwischen den USA und dem Iran. Seit dem Sturz des Schahs 1979 und der Geiselhaft von 52 US-Diplomaten standen sich beide Länder in bitterer Feindschaft gegenüber. Zugleich dürfte der Iran auch seine außenpolitische Isolation überwinden und als Regionalmacht gestärkt werden.

Neue Perspektiven für andere Krisen?

Nun steigen nach Überzeugung von Diplomaten die Chancen, auch andere Krisen wie etwa in Syrien zu lösen. Während der Westen und Russland wegen des Ukraine-Konflikts politisch zerstritten sind, haben sie im Fall des Iran-Abkommens eng kooperiert.

Zu den Kritikern der Annäherung zählen auch die Golfstaaten, die eine Verschiebung des regionalen Machtgefüges zugunsten des Irans befürchten. Israels Regierungschef Netanyahu sieht den Iran, dessen Staatsdoktrin die Erzfeindschaft mit dem Judenstaat unantastbar festschreibt, nun auf dem Weg zur Atommacht. Außerdem werde der Deal Teherans "Terror- und Eroberungsmaschinerie Hunderte Milliarden Dollar liefern". Es wird erwartet, dass Netanyahu alles versuchen werde, um die Vereinbarung mithilfe des US-Kongresses noch zum Scheitern zu bringen.

Inspektoren bekommen Zugang

Das Rahmenabkommen von Lausanne im April zeichnete den Weg für die jetzige umfassende Lösung vor. Der Iran sagt in der nun erfolgten Einigung unter anderem zu, die Zahl seiner Zentrifugen zur Urananreicherung für zehn Jahre um rund zwei Drittel zu reduzieren und fast seine gesamten Bestände angereicherten Urans außer Landes zu bringen oder zu beseitigen. Inspektoren sollen zudem Zugang zu allen verdächtigen Anlagen bekommen, auch zu Militäranlagen.

Im Gegenzug sollen die gegen den Iran verhängten Sanktionen ab Anfang 2016 schrittweise aufgehoben werden. Sollte die Islamische Republik gegen ihre Verpflichtungen verstoßen, werden die Strafmaßnahmen aber wieder in Kraft gesetzt. Die Sanktionen hatten im Iran zu einer schweren Wirtschaftskrise geführt.

Frankreichs Außenminister Laurent Fabius sagte, er erwarte bereits in "wenigen Tagen" eine Resolution des UN-Sicherheitsrats zu dem Abkommen. Die Annahme einer solchen Resolution ist die Bedingung dafür, dass die Einigung in Kraft treten kann.

Einigung nach 13 Jahren

Insgesamt zog sich der Atomstreit mit dem Iran rund 13 Jahre hin. Im August 2002 hatte eine iranische Exilgruppe erstmals von nicht deklarierten Atomanlagen im Iran berichtet. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) berichtete ein Jahr später von Spuren angereicherten Urans in der Atomanlage in Natanz.

Neben der Einigung im Atomstreit stimmte der Iran am Dienstag auch einer Untersuchung zur Vergangenheit seines Atomprogramms durch die IAEA zu. Wie IAEA-Generaldirektor Yukiya Amano mitteilte, unterzeichnete er mit iranischen Vertretern einen Fahrplan für die Klärung der offenen Fragen. Die Klärung des Vorwurfs, dass der Iran bis 2003 und womöglich auch danach an der Entwicklung von Atomwaffen arbeitete, war eine der Hauptforderungen der Weltmächte.

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