Keine Waffen für Ukraine: "Manifest" von Schwarzer und Wagenknecht polarisiert

Keine Waffen für Ukraine: "Manifest" von Schwarzer und Wagenknecht polarisiert
Die Frauenrechtlerin und die Linken-Politikerin fordern in einer Petition, die Ukraine nicht mehr militärisch zu unterstützen. Dafür erhalten sie einiges an Zustimmung - aber auch heftige Kritik.

Bald ist es ein Jahr her, dass russische Truppen auf Befehl von Kremlchef Putin die Ukraine überfallen haben. Geht es nach Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht, bräuchte es nur sofortige Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau, um den Krieg zu beenden und weiteres Leiden zu verhindern. Jegliche Waffenlieferungen des Westens seien falsch und würden die Gefahr einer Eskalation des Konflikts und eines "Dritten Weltkriegs" bergen, heißt es in einer Online-Petition der Frauenrechts-Ikone und der Linken-Politikerin. 

Seit der Veröffentlichung vor vier Tagen haben mehr als 400.000 Menschen das sogenannte "Manifest für Frieden" unterschrieben (Stand 14.2.2023). Unter den 69 ErstunterzeichnerInnen finden sich auch Österreicher, und zwar die Künstler Valie Export, Gottfried Helnwein und Peter Weibel.

Auch die deutsche evangelische Theologin Margot Käßmann gehört zu den UnterstützerInnen. Das Töten in der Ukraine müsse ein Ende finden, forderte die Ex-Bischöfin im Deutschlandfunk. Es müsse "alles investiert werden", um einen Waffenstillstand zu erreichen.

Mit Blick auf die Petition sagte Käßmann, dass eine solche Initiative "natürlich diffamiert" werde. Niemand stelle infrage, dass Putin ein "Kriegsverbrecher ist und einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg führt".

Unterstützung kommt auch vom anderen Ende des politischen Spektrums. "Ich habe diese Petition für den Frieden unterzeichnet", twitterte AfD-Chef Tino Chrupalla: "Im Einsatz für den Frieden sollten Parteigrenzen keine Barrieren sein."

"Komplizenschaft"

Für Experten wie den Politologen Herfried Münkler sind die Forderungen der Petition dagegen untragbar. Schwarzer und Wagenknecht betrieben "mit kenntnislosem Dahergerede Putins Geschäft", sagte Münkler dem Kölner Stadt-Anzeiger.

Der emeritierte Professor an der Berliner Humboldt-Universität spricht von "Komplizenschaft mit dem Aggressor"; die Ansichten Schwarzers und Wagenknechts desavouieren seiner Meinung nach "die gesamte Idee des Pazifismus". Diese beruhe auf dem Verbot des Angriffskriegs, so Münkler. Verteidigung gegen einen Aggressor sei selbstverständlich zulässig.

Die Ukraine nicht länger zu unterstützen, würde bedeuten, dass diese den Krieg und damit große Teile des Staatsgebiets und der Bevölkerung an Russland verliere, gab der Politikwissenschaftler Carlo Masala gegenüber der Welt zu denken: "Das ist beiden Damen sicherlich sehr bewusst."

An der Grenze zum guten Geschmack thematisiert auch der Medienkünstler Guido Kühn das "Friedensmanifest" in einer Karikatur, die vom früheren ukrainischen Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, geteilt wurde. 

Wagenknecht und Schwarzer verlangten "in ihrem Manifest zusammengefasst, dass Opfer sich mit den Tätern arrangieren sollen, wenn es für Umstehende ungemütlich wird", kommentiert Kühn auf seiner Website die provokante Zeichnung: "Interessanter Move für eine ehemalige Antiimperialistin und eine ehemalige Frauenrechtlerin."

Ähnlich sieht es der Publizist Henryk M. Broder. "Je mehr Waffen geliefert werden, umso länger würde der Krieg sich hinziehen. Was ist das für eine infame Logik, welche die Täter zu Opfern macht und die Opfer auffordert, auf die Täter zuzugehen?", schreibt er in einem Beitrag für die Welt.

Hier Wagenknecht und Schwarzer bei ihrer Ankündigung auf Youtube vergangene Woche:

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