Katholische Bischöfe gegen den streng katholischen Joe Biden

Joe Biden besucht jeden Sonntag die hl. Messe
Der US-Präsident will das recht auf Abtreibung nicht in Frage stellen. Es droht ihm ein Kommunionsverbot.

Bei seiner Amtseinführung im Jänner zitierte er den heiligen Augustinus. Und dessen erhabenes Wort vom Staat, der durch die Liebe seiner Bürger zu einem höheren Zweck zusammengehalten wird. Er schwor auf eine uralte Bibel seiner irisch-stämmigen Familie, der er den Besuch katholischer Schulen mit gestrengen Nonnen verdankt. Das Gebet sprach er mit dem befreundeten Jesuiten-Pater Leo O’Donovan. Im Oval Office steht ein Porträt von Papst Franziskus. Und sonntags trifft man Amerikas Präsidenten nicht wie dessen Vorgänger auf dem Golfplatz. Sondern regelmäßig zur Heiligen Messe in der Kirche. Kurz gesagt: Katholischer als Joe Biden geht’s eigentlich nicht. Umso erstaunlicher, dass die amerikanische Bischofskonferenz ((USCCB) dem zweiten Katholiken nach John F. Kennedy im Weißen Haus gerade die Hölle heißzumachen versucht.

Mit 168 Stimmen (55 Nein, sechs Enthaltungen) hat das Gremium eine brisante Erklärung verabschiedet. Zu Ende gedacht würde sie katholische Politiker von der Kommunion ausschließen, wenn sie sich nicht unmissverständlich gegen Abtreibung und Empfängnisverhütung aussprechen. Biden tut das Gegenteil. Er tritt ein für das Selbstbestimmungsrecht von Frauen.

Roe versus Wade

Biden ist persönlich gegen Schwangerschaftsabbrüche, will aber die seit bald 50 Jahren geltende und zuletzt stark unter Beschuss geratene Gesetzeslage (Roe versus Wade = Abtreibung ist legal) unangetastet lassen.

Das Papier mit dem unverdächtigen Titel „Bedeutung der Eucharistie im Leben der Kirche“ kam gegen den ausdrücklichen Rat Roms zustande. Kardinal Luis Ladaria, Präfekt der Glaubenskongregation im Vatikan, hatte die US-Bischöfe gewarnt, dass auf diesem Weg mehr Zwietracht erzeugt würde.

Katholische Medien in den USA sprechen von einer Art Stellvertreterkrieg: Die konservativen Geistlichen um Erzbischof Jose Gomez, Chef der Bischofskonferenz, prügelten auf Biden ein, meinten aber in Wahrheit Papst Franziskus, der bei Themen wie Klimaschutz und Armutsbekämpfung im US-Präsidenten einen Verbündeten hat. Dass Kirchenobere sich im Fall Biden in einen Kulturkrieg ziehen ließen, werde dem Katholizismus schaden.

Ohnehin fällt auf, dass der Ton der Bischöfe in grellem Kontrast zu der Nachsichtigkeit steht, die das gleiche Gremium Trump angedeihen ließ. Weder wurden dessen außereheliche Eskapaden noch die Anstachelung zur Erstürmung des Kapitols am 6. Januar substanziell erörtert; geschweige denn gegeißelt.

Einstweilen ist der Vorstoß gegen Biden folgenlos. Es handelt sich um einen Entwurf. Ohne den Segen des Vatikan geht gar nichts.

Bis dahin gilt: Jeder Bischof entscheidet vor Ort autonom darüber, wer die Kommunion erhält. In Washington ist die Sache eindeutig. Kardinal Wilton Gregory sieht keinen Anlass, dem praktizierenden Katholiken die Kommunion zu verweigern. Wie es sich in Bidens Heimatbundesstaat Delaware verhält, ist noch offen. Der neue Bischof William Koenig hat bisher ein klares Wort vermissen lassen.

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