"Unverantwortlich und rücksichtslos": Katar übt scharfe Kritik an Netanjahu

Zusammenfassung
- Katars Premier Al-Thani wirft Netanjahu vor, mit dem Angriff auf die Hamas-Führung in Doha die Hoffnung auf eine Geiselbefreiung zerstört zu haben.
- Katar prüft nach dem israelischen Angriff seine Rolle als Vermittler im Gaza-Krieg neu und steht dazu im Austausch mit den USA.
- Das Außenministerium in Doha verurteilt Netanjahus Drohungen als "unverantwortlich und rücksichtslos" und weist Vorwürfe zur Hamas-Unterstützung zurück.
Israels versuchter Angriff auf die Führungsspitze der islamistischen Terrororganisation Hamas in Katar könnte nach Einschätzung des Ministerpräsidenten des Golfstaates negative Folgen für die Geiseln im Gazastreifen haben.
"Ich denke, das, was (Israels Regierungschef Benjamin) Netanjahu gestern getan hat, hat jede Hoffnung für diese Geiseln zunichtegemacht", sagte der katarische Ministerpräsident Mohammed bin Abdulrahman al-Thani am Mittwoch in einem CNN-Interview.
Noch 48 Geiseln in Gaza
Er habe sich am Morgen des Angriffs mit einer der Familien der Geiseln getroffen, wurde Al-Thani von CNN zitiert. "Sie zählen auf diese (Waffenruhe-)Vermittlung, sie haben keine andere Hoffnung", sagte Al-Thani weiter.
Katar vermittelt gemeinsam mit Ägypten und den USA im Gaza-Krieg zwischen Israel und der Hamas. In Gaza befinden sich noch 48 Geiseln, davon sind 20 nach israelischen Informationen noch am Leben. Angehörige hatten nach dem Angriff große Sorge über das Schicksal der Entführten geäußert.
Katars Regierungschef: Werden alles neu bewerten
Die israelische Luftwaffe hatte am Dienstag versucht, die Führungsspitze der Hamas in der katarischen Hauptstadt Doha anzugreifen. Ein Ziel war Berichten zufolge Khalil al-Hayya, der höchste Hamas-Anführer im Ausland, der auch die Hamas-Delegation bei den indirekten Verhandlungen um eine Waffenruhe leitet.
Nach Hamas-Angaben schlug die Attacke jedoch fehl, es sei kein Mitglied der Delegation getötet worden. Sechs Menschen seien freilich ums Leben gekommen, darunter Al-Hayyas Sohn und sein Büroleiter. Auf die Frage von CNN nach dem Verbleib Al-Hayyas sagte Al-Thani, es gebe derzeit keine offizielle Erklärung.
"Alles neu bewerten"
Al-Thani hatte kurz nach Israels Angriff angedeutet, dass Katar an seiner Rolle als Vermittler im Gaza-Krieg festhalten könnte. Am Tag darauf erklärte er laut CNN, man werde "alles neu bewerten", was Katars Engagement in künftigen Waffenruheverhandlungen betreffe. Man befinde sich in einem "sehr detaillierten Gespräch" mit der US-Regierung, wie es weitergehen soll. Israels Luftangriff in Katars Hauptstadt Doha war international verurteilt worden.
Doha: Drohungen Netanyahus unverantwortlich
In einer Mitteilung verurteilte das Außenministerium in Doha unterdessen auch "ausdrückliche Drohungen" Netanjahus als "unverantwortlich und rücksichtslos". Netanyahu hatte Katar am Mittwoch gewarnt, die Vertreter der Hamas auszuweisen. Er sagte wörtlich: "Bringt sie vor Gericht. Denn wenn ihr das nicht tut, werden wir es tun."
Das Außenministerium in Doha erklärte dazu, die Einrichtung des Hamas-Büros in Katar sei im Rahmen der von den USA und Israel erbetenen Vermittlungsbemühungen erfolgt. Netanjahus Unterstellung, Katar beherberge die Hamas-Delegation heimlich, sei ein "verzweifelter Versuch, ein von der ganzen Welt verurteiltes Verbrechen zu rechtfertigen". Katar werde mit seinen Partnern zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass Netanjahu zur Rechenschaft gezogen werde.
Trump bezeichnet Israels Angriff auf Katar als "unklug"
Die US-Zeitung Wall Street Journal berichtete, US-Präsident Donald Trump habe den Angriff auf die Hamas in Katar in einem Telefonat mit Netanjahu als "unklug" bezeichnet. Die Zeitung beschrieb das Telefongespräch Trumps mit Netanjahu vom Mittwoch als hitzig und berief sich dabei auf hochrangige Regierungsvertreter.
Netanyahu habe Trump gesagt, er habe nur ein kurzes Zeitfenster für die Angriffe gehabt und die Gelegenheit genutzt. Ein zweites Telefonat zwischen den beiden Politikern am selben Tag sei freundlich verlaufen. Dabei habe Trump Netanjahu gefragt, ob der Angriff erfolgreich gewesen sei.
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