"Schamlos": Kapitol-Ausschuss empfiehlt Strafverfahren gegen Trump
- Beihilfe zur Anstachelung eines Aufstands, was im Falle einer Verurteilung bis zu zehn Jahre Gefängnis und ein lebenslanges Verbot für öffentliche Ämter bedeuten kann.
- Die Behinderung eines offiziellen Regierungsvorgangs (die Zertifizierung des Wahl-Sieges von Joe Biden).
- Die Verbreitung von Falschaussagen über den Wahlausgang.
- Die Verschwörung zum Betrug an den USA.
Die Abgeordneten sahen es als erwiesen an, dass Trump wider besseres Wissen vorsätzlich versucht hat, das Wahlergebnis nachträglich zu kippen und die Beglaubigung des Biden-Sieges durch den Kongress unterbinden zu lassen.
Republikanerin: "Nie wieder"
"Dass Trump die schweren Ausschreitungen am 6. Januar, bei denen über 100 Mitglieder der Kapitolspolizei verletzt wurden und fünf Menschen starben, über Stunden am Fernseher verfolgt hat, ohne frühzeitig mit einer Rede zu intervenieren, gehöre zu den „schamlosesten” Handlungen eines Präsidenten in der US-Geschichte, sagte die republikanische Abgeordnete Liz Cheney; auch mit Blick auf Trumps Kandidatur-Ankündigung für 2024.
Ihre Schlussforderung: „Ein Mann, der sich zu so einem Zeitpunkt so verhält, darf nie wieder ein Amt in unserer Nation bekleiden, er ist für kein Amt geeignet.”
Über ein Strafverfahren und eine mögliche Anklage gegen den 76-jährigen Republikaner Donald Trump muss nun das Justizministerium entscheiden. Die Abgeordneten beschlossen die vier Anklagepunkte bei der letzten öffentlichen Sitzung des Untersuchungsausschusses des Repräsentantenhauses nach eineinhalbjährigen Ermittlungen. Die Empfehlung ist rechtlich nicht bindend, symbolisch aber äußerst bedeutsam: Es ist das erste Mal in der US-Geschichte, dass der Kongress ein Strafverfahren gegen einen früheren Präsidenten empfiehlt.
Dies erhöht auch den Druck auf das Justizministerium bei dessen Ermittlungen gegen Trump. Justizminister Merrick Garland hatte bereits Mitte November einen Sonderermittler gegen den Ex-Präsidenten ernannt.
Der Abgeordnete Jamie Raskin sagte am Montag, die vom U-Ausschuss zusammengetragenen Beweise würden zeigen, dass Trump die Absicht gehabt habe, nach der Präsidentschaftswahl 2020 die in der US-Verfassung verankerte friedliche Machtübergabe zu verhindern. Deswegen sei der Antrag auf ein Strafverfahren angemessen.
"Wir haben kein Justizsystem, in dem die Fußsoldaten ins Gefängnis gehen und die führenden Köpfe und Rädelsführer ungeschoren davonkommen", sagte der Abgeordnete der Demokratischen Partei. Die Abgeordnete Liz Cheney von den konservativen Republikanern sagte, Trump, der bereits in das Präsidentschaftsrennen 2024 eingestiegen ist, sei "ungeeignet", jemals wieder ein öffentliches Amt zu bekleiden.
"Liz Chaney"
Trump reagierte zunächst nur mit einem Satz auf seiner Online-Plattform Truth Social, in dem er Cheneys Namen falsch schrieb: "Aber Liz Chaney hat mit einem Rekord von 40 Punkten verloren."
Der Ex-Präsident bezog sich dabei offensichtlich auf die deutliche Niederlage seiner schärfsten innerparteilichen Kritikerin bei Republikaner-Vorwahlen vor den Kongress-Zwischenwahlen vom 8. November. Trumps Sohn Eric bezeichnete den Untersuchungsausschuss auf Truth Social als "fanatisch parteiische Anti-Trump-Gruppe" und als "Scheingericht".
Radikale Trump-Anhänger hatten am 6. Jänner 2021 das Kapitol gestürmt, um eine Bestätigung des Siegs des Demokraten Joe Biden bei der Präsidentschaftswahl vom November 2020 zu verhindern. Der Sturm auf den Kongress mit fünf Toten erschütterte die USA und sorgte international für Entsetzen.
Die Mitglieder des Untersuchungsausschusses - sieben Demokraten und zwei Republikaner - halten Trump für den Hauptverantwortlichen für die Gewalt. Der Rechtspopulist hatte sich nach der Wahl geweigert, seine Niederlage einzugestehen, und vielfach widerlegte Wahlbetrugsvorwürfe verbreitet.
Er übte Druck auf Wahlverantwortliche in mehreren Bundesstaaten aus, um den Wahlausgang zu kippen, und drängte seinen Vizepräsidenten Mike Pence dazu, eine endgültige Bestätigung von Bidens Sieg im Kongress zu blockieren. Am 6. Jänner 2021 rief Trump dann seine in Washington versammelten Anhänger auf, zum Kapitol zu marschieren und "auf Teufel komm raus" zu kämpfen.
Das Repräsentantenhaus hatte nach der Kapitol-Erstürmung bereits ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump eingeleitet, das aber im Senat scheiterte. Im Sommer 2021 nahm dann ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss seine Arbeit auf, um die Hintergründe der Kapitol-Erstürmung aufzudecken. Am Mittwoch wird das Gremium seinen Abschlussbericht veröffentlichen.
Die US-Bundesjustiz dürfte Erkenntnisse der Parlamentarier in ihre eigenen Ermittlungen gegen Trump einfließen lassen. Der im November von Justizminister Garland zum Sonderermittler ernannte Staatsanwalt Jack Smith ermittelt zu Trumps Rolle bei der Kapitol-Erstürmung und grundsätzlich zu der Frage einer möglichen Behinderung des Machtwechsels nach der Präsidentschaftswahl 2020.
Ein zweiter Ermittlungsstrang sind die Geheimdokumente, die Trump Anfang 2021 zum Ende seiner Amtszeit aus dem Weißen Haus in sein Privatanwesen Mar-a-Lago im US-Staat Florida mitgenommen hatte.
(APA)
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