Kantersieg für Japans Premier Abe
Die Koalition des japanischen Regierungschefs Shinzo Abe hat die vorgezogene Parlamentswahl am Sonntag mit überwältigender Mehrheit gewonnen. Prognosen zufolge stellt seine rechtskonservative Liberaldemokratische Partei (LDP) zusammen mit ihrem Juniorpartner, der buddhistischen Komeito, mindestens zwei Drittel der Abgeordneten im Unterhaus des Parlaments.
Geringe Beteiligung trübt Triumph
Abe erhoffte sich von der Wahl eine breite Unterstützung für seine "Abenomics" genannte Wirtschaftspolitik. Die niedrige Wahlbeteiligung von offenbar nur etwa 35 Prozent wirft allerdings Schatten auf Abes Triumph. Sie lag damit noch weit unter dem Rekordtief von gut 59 Prozent aus dem Jahr 2012.
Laut Nachwahlbefragungen des Fernsehsenders TBS kam Abes LDP allein auf 294 der 475 Sitze und gemeinsam mit Komeito auf 328 Abgeordnete. Andere Sender und Online-Portale verbreiteten ähnliche Prognosen. Die Zweidrittel-Mehrheit liegt bei 317 Abgeordneten. Die Demokratische Partei als größte Oppositionspartei kommt den Befragungen zufolge auf 73 Sitze. Die Kommunisten konnten ihre Mandate demnach auf etwa 20 Sitze mehr als verdoppeln.
Politische Beobachter führen Abes politischen Erfolg auch auf einen Mangel an Alternativen zurück. Die größte Oppositionskraft, die sozialliberale Demokratische Partei (DPJ) wird seit ihrem Ausscheiden aus der Regierung 2012 von Flügelkämpfen erschüttert. Während ihrer dreijährigen Regierungszeit verschliss sie drei Ministerpräsidenten und vermochte mit ihrer Politik die meisten Japaner nicht zu überzeugen.
Unter dem jetzt im Amt bestätigten Ministerpräsidenten setzte die drittgrößte Volkswirtschaft auf eine Politik der extremen Geldvermehrung und des staatlichen Dirigismus zur Ankurbelung der Ökonomie. Kehrseite sind höhere Steuern für Normalverdiener, deren Einkommen und Ersparnisse unter der Inflation leiden. Mit einer Mehrwertsteuererhöhung hatte Abe im April versucht, der lahmenden Wirtschaft auf die Beine zu helfen. Unterdessen wuchs der japanische Schuldenberg weiter.
Jugend leidet
Im zweiten und dritten Quartal des Jahres verzeichnete Japan ein Minus, eigentlich ein Hinweis auf eine Rezession. Vor allem junge Menschen leiden mittlerweile unter Arbeitslosigkeit. Häufig müssen sie sich mühselig mit schlecht bezahlten und unsicheren Jobs durchschlagen.
Abe hatte die vorgezogene Neuwahl vor einem Monat überraschend nach lediglich der Hälfte der vierjährigen Legislaturperiode ausgerufen. Im Wahlkampf versprach er, die für 2015 geplante zweite Stufe der Mehrwertsteuererhöhung zu verschieben.
Das nährt allerdings die Sorge, wie Japan seine immense Staatsverschuldung in den Griff bekommen soll. Japans Schuldenberg ist mit 6,7 Billionen Euro weit mehr als doppelt so hoch wie die Wirtschaftsleistung. Kein anderes Industrieland hat eine so große Schuldenlast.
Verschärft wird dieses Problem durch die rasch alternde Gesellschaft und damit steigende Sozialkosten. Ein Viertel der Bevölkerung ist älter als 65 Jahre, 2050 sollen es fast 40 Prozent sein.
Aggressive Geldpolitik
Auch an Abes Wirtschaftspolitik - einer Mischung aus Geldschwemme, Konjunkturspritzen und Reformen - gab es zuletzt Zweifel. Eine rasante Abwertung des Yen in Folge einer aggressiven Lockerung der Geldpolitik hatte zwar die Exporterlöse großer Unternehmen sowie die Aktienkurse erhöht. Zugleich aber verteuerten sich die Importpreise, was die privaten Haushalte und kleinere Unternehmen belastete.
Angesicht dieses großen Berges an Problemen könnte Abe seinen Wahlsieg nach Ansicht politischer Beobachter nutzen, um seine konservative politische Agenda in den Vordergrund zu rücken. Dazu gehört, die Fesseln der pazifistisch ausgerichteten Verfassung Japans zu lockern und der Armee auch international mehr Spielraum zu geben. Einige Experten erwarten, dass Abe auch deutlich nationalistischere Töne anschlagen könnte.
Kommentare