USA

Kampf mit allen Budget-Mitteln gegen Zwangs-Krankenversicherung

Für Republikaner ist das Budget nur eine Waffe im Kampf gegen Obamas Gesundheitsreform.

Symbolisch wurden im TV die ablaufenden Stunden und Minuten eingeblendet. Knapp sieben Stunden vor Ende des alten Finanzjahres versuchte es Präsident Barack Obama noch mit einer Rede: „Der Kongress muss unsere Regierungstätigkeit aufrecht erhalten“, plädierte er erneut – in die Richtung der Republikaner im Kongress. Diese wollten bis zuletzt keinem weiteren Haushalt für das heute beginnende neue Finanzjahr zustimmen, wenn Obamacare – die vom Präsidenten auf den Weg gebrachte allgemeine Krankenversicherung – aufrecht bleibt.

Obamacare startet heute und soll etwa 50 Millionen unversicherten Amerikanern erstmals die Möglichkeit auf eine Krankenversicherung anbieten. Doch das verletze die Freiheit der US-Bürger und ruiniere die amerikanische Wirtschaft, behauptet man im republikanischen Lager. Eine fehlende Zustimmung für ein Budget allerdings bedeutete den „Government Shutdown“, eine Zwangsschließung vieler Regierungsbehörden.

„Es muss nicht passieren“, betonte Obama und wandte sich vor allem an die ultrakonservative republikanische Tea-Party-Bewegung. Die Tea Party ist einer der größten Feinde der Gesundheitsreform. An dieser führe aber kein Weg vorbei, machte der Präsident klar. Man könne die Debatte darüber nur ein paar Monate vertagen. „Aber wollen Sie wirklich zu Weihnachten wieder darüber streiten?“, fragte Obama.

Verlierer

Mittlerweile scheinen aber die Republikaner als große Verlierer aus dem politischen Gefecht im Kongress auszusteigen. Laut einer Meinungsumfrage des US-TV-Senders CBS und der Tageszeitung New York Times würden 44 Prozent der Amerikaner der Republikanischen Partei die Schuld für einen Betriebsschluss der Regierung geben. Deutlich weniger – 35 Prozent – würden Präsident Obama und die Demokratische Partei dafür verantwortlich machen.

Eigentlich geht US-Abgeordneten nichts über ihr Wochenende. Doch zumindest die Fraktion der Republikaner aus dem Repräsentantenhaus musste diesmal in Washington Überstunden machen. Fraktionschef John Boehner hatte zu einer Sondersitzung seiner Partei gerufen. Es ging um das Thema, das in diesen Tagen die US-Politik bestimmt: Der Grabenkrieg um das Budget.

Montag um Mitternacht läuft die Frist aus, um ein neues Budget zu verabschieden, zumindest ein provisorisches , wie so oft in den vergangenen Monaten. Gelingt das nicht, ist die US-Regierung wieder einmal zahlungsunfähig. Es ist nicht das erste Mal, dass ein Streit ums Budget eine US-Regierung lahmlegt. 17-mal seit 1976 gab es zumindest vorübergehend kein Geld mehr. Wirklich schließen aber mussten meist nur weniger staatstragende Einrichtungen wie Nationalparks oder Museen. Polizei, Grenzschutz oder Steuerbehörden verrichteten ihren Dienst ausnahmslos weiter.

Doch so versteinert wie jetzt waren die politischen Fronten zwischen Demokraten und Republikanern schon lange nicht mehr. Im Brennpunkt des Streits ist das politische Großprojekt der Obama-Regierung – und damit das Feindbild vor allem rechter Republikaner: Die Gesundheitsreform. Obamas Pläne, die etwa 50 Millionen unversicherten Amerikanern endlich eine Krankenversicherung bringen sollen, ist für sie ein Anschlag auf die Freiheit der US-Bürger. Und darum ist man entschlossen, sie zu Fall zu bringen, wenn es sein muss, auf Kosten einer Staatskrise.

Kompromiss-Suche

Das Repräsentantenhaus ist im politischen System der USA grundsätzlich die mächtigste Instanz in Finanzfragen, und dort haben die Republikaner die Mehrheit. Der von den Demokraten dominierte Senat hat bereits einen Budgetentwurf abgesegnet, der auch die notwendigen Mittel für Obamacare, wie die Gesundheitsreform spöttisch genannt wird, einschließt. Das Repräsentantenhaus kann diesen Entwurf gänzlich ablehnen. Damit geht das Spiel in eine neue Runde – und der US-Staatshaushalt vorerst einmal in den Bankrott.

Der rechte Flügel der Republikaner, allen vor an die fundamentalistische Vereinigung der Tea Party will genau das. Doch Fraktionschef Boehner weiß, dass diese Partout-Haltung bei den Wählern der politischen Mitte auf Ablehnung stößt. Also muss er versuchen, einen Kompromiss herauszuarbeiten, bei dem man Obamacare zurechtstutzt oder sogar verschiebt. Gehen die Demokraten darauf ein, kann das Budget rechtzeitig gerettet werden: ein politischer Erfolg für die Republikaner.

Präsident Obama hat schon angedeutet, dass er bei der Gesundheitsreform zu Abstrichen bereit ist. Wenn die Republikaner Ideen hätten, das Gesetz „zu verbessern“, meinte er in seiner wöchentlichen Radioansprache, sei er zu Gesprächen bereit: „Aber das wird nicht unter dem Druck der Zahlungsunfähigkeit passieren.“

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