Obama könnte im Dunkeln sitzen

Republikaner und Demokraten streiten wieder über das Budget – ohne Einigung droht Regierungsstillstand.

Nächste Woche könnte im Weißen Haus theoretisch das Licht ausgehen. Denn Präsident Barack Obamas Regierung steckt schon wieder in einer gravierenden Finanzkrise und ist ab 1. Oktober buchstäblich von der Schließung bedroht.

Das liegt aber nicht an einer schwachen Wirtschaft oder einem Börsensturz. Der Grund ist rein parteipolitisch. Die Republikaner setzen alles in Bewegung, um Obamacare – die neue allgemeine Krankenversicherung – zu stoppen. Die soll ebenfalls zu Beginn des neuen Monats in Kraft treten.

Die Mehrheit der Republikaner und deren Anhänger sehen Obamacare als eine Verletzung ihrer Freiheit und lehnen sie ab. So sehr, dass einige bereit sind, den Regierungsapparat bankrott gehen zu lassen.

Das neue US-Finanzjahr beginnt im nächsten Monat, also braucht die Regierung dringend ein neues Budget. Dieses muss vom Kongress, der aus Repräsentantenhaus und Senat besteht, verabschiedet werden. Die meisten Republikaner dort sind vehemente Gegner der Krankenversicherungsreform, also stimmte das von ihnen dominierte Repräsentantenhaus am Freitag für Finanzmittel bis Mitte Dezember, jedoch ohne Geld für Obamacare.

Die Demokraten im Repräsentantenhaus und Senat sind empört. Das Weiße Haus droht mit einem Veto des Budget-Gesetzes. Zuerst muss aber der Senat darüber abstimmen. Dort sind die Kräfte anders verteilt – die Demokraten haben die Mehrheit. Das heißt, das Budgetgesetz aus dem Repräsentantenhaus wird im Senat so geändert, dass neben der Regierung Geld auch in die Kasse für Obamacare hineinkommt. Mit einer Abstimmung wird heute gerechnet. Danach muss das geänderte Gesetz wieder zurück zum Haus. Was dort dann geschieht, ist ungewiss. Klar ist nur: Die Zeit wird knapp.

Nicht das Ende der Welt

Nicht alle in Washington erwarten das Ende der Welt mit dem 1. Oktober. „Ich glaube nicht, dass es wirklich zu einer Schließung der Regierung kommen wird“, sagt John Sitilides, ein Analyst, der sich mit Fragen der öffentlichen Verwaltung befasst, zum KURIER. „Viel von dem, was wir nun sehen, ist Posieren und politische Rhetorik“, so der Beobachter. Bis nächste Woche müsse ein Kompromiss zwischen den zwei konträren Positionen gefunden werden – kein Geld für Obamacare, wie die Republikaner es wollen, und eine volle Finanzierung, worauf die Demokraten bestehen. Am Ende werde eine Einigung stehen, glaubt Sitilides. Denn 20 Prozent der Mitglieder des jetzigen Repräsentantenhauses, inklusive John Boehner, der einflussreiche Republikaner, Obamacare-Gegner und Sprecher des Hauses, waren auch bei der letzten Regierungsschließung dabei. „Boehner weiß, das ist nicht gut für die Republikaner“, so der Analyst.

Eine Regierungsschließung wäre nichts Neues für Washington. Seit 1976 ist das 17-mal passiert – zuletzt 1995 und 1996 für mehrere Wochen. Damals kämpfte auch ein Demokrat – Präsident Bill Clinton – mit der konservativen republikanischen Mehrheit im Kongress um die Finanzierung des Gesundheitssystems, der Bildung und des Umweltschutzes. Das Ergebnis: Nationalparks und Denkmäler wie die Freiheitsstatue in New York mussten einige Tage schließen. Wichtige Institutionen wie Grenzpolizei, Fluglotsen oder Weißes Haus und Kongress bleiben in einem solchen Fall weiter in Betrieb, genauso wie die Auszahlung sozialer Leistungen. Steuern müssen auch weiter gezahlt werden.

Zwangsfinanzierung

Zudem ist der ganze Streit umsonst – denn ein Großteil der Obamacare-Programme ist durch eine Zwangsfinanzierung gesichert. Das heißt: Auch wenn die US-Regierung am 1. Oktober wegen der republikanischen Opposition zu Obamacare zusperren sollte, startet die allgemeine Krankenversicherung wie geplant.

Mittlerweile muss sich der Kongress nun dringend um ein weiteres Finanzproblem kümmern. Am 17. Oktober wird das US-Finanzministerium nur über 30 Milliarden US-Dollar verfügen, warnte Finanzminister Jacob Lew vor ein paar Tagen. Die US-Abgeordneten sollen also schnell einer höheren Kreditgrenze zustimmen, sonst werden die USA bald nicht mehr im Stande sein, ihre Schulden zu bezahlen.

Falls der US-Kongress bis zum 1. Oktober wenigstens nicht einen Haushalt für einige Monate verabschiedet, geht der Regierung das Geld aus. Hunderttausende Beamte müssten Schätzungen zufolge in Zwangsurlaub gehen. Allerdings bedeutet das nicht, dass Staat, Regierung und Bundesbehörden sofort zum völligen Stillstand kommen.

Die Behörden dürfen lediglich solche Dienste einstellen, die nicht unbedingt notwendig sind. Die nationale Sicherheit sowie die Sicherheit von Leben und Eigentum dürfen nicht gefährdet werden. Im Klartext: Militär, Feuerwehr und Bundespolizei funktionieren weiter. Allerdings droht etwa der Hälfte der 800.000 Zivilbediensteten in der Armee Zwangsurlaub.

Auch Sozialversicherung und andere notwendigen Leistungen für die Bürger werden weitergezahlt. Allerdings kann es bei der Bezahlung von Beamten und Angehörigen der Armee Verzögerungen geben. Dies könnte rund 800.000 Amerikaner treffen. Einzelheiten regelt jedes Ministerium.

Nicht unbedingt notwendige Institutionen müssten sofort dicht machen - darunter Museen wie etwa die berühmten Smithsonian Institutions in Washington. Auch der Zoo der Hauptstadt würde schließen, die Tierpfleger müssten sich dennoch weiter um ihre Schützlinge kümmern.

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