Die Wackelkandidaten in Junckers Kommission

Jean-Claude Juncker wartet noch auf „grünes Licht“ für seine Kommission – planmäßig soll das EU-Parlament am 22. Oktober abstimmen.
Das EU-Parlament demonstriert Stärke, die Agenden in der Kommission könnten neu verteilt werden.

Das hat es bisher bei Kommissarsanhörungen noch nie gegeben: Die Befragungen im EU-Parlament sind noch nicht einmal zu Ende, schon steht ein halbes Dutzend Kandidaten am Pranger.

Die Wackelkandidaten in Junckers Kommission
Austrian Chancellor Werner Faymann (L) listens to acting Slovenian Prime Minister Alenka Bratusek before they pose with members of their delegations for a group picture at the "West Balkan Conference" in the Chancellery in Berlin August 28, 2014. REUTERS/Fabrizio Bensch (GERMANY - Tags: POLITICS)
Heute, Montag, ist Alenka Bratušek an der Reihe. Die ehemalige slowenische Regierungschefin ist umstritten, weil sie sich nach verlorener Wahl selbst nominiert hat und Parlamentsgelder ihrer Parteikollegen für einen Englisch-Kurs abzweigen wollte. Bratušek fehlt außerdem Rückendeckung: Als Liberale hat sie keine der zwei großen Fraktionen im Parlament hinter sich; auch die neue Regierung in Ljubljana unterstützt sie nicht.

Der britische Konservative Jonathan Hill muss für ein zweites Hearing im kleinen Kreis ins Parlament.

Die Wackelkandidaten in Junckers Kommission
epa04426164 Jonathan Hill (C), of the United Kingdom, the EU Commissioner-designate for financial stability, financial services and capital markets union, speaks at a hearing by the Committee on Economic and Monetary Affairs, at the European Parliament in Brussels, Belgium, 01 October 2014. Others are not identified. The European Parliament has started quizzing the 27 men and women who have been picked to serve in the new European Commission. The full parliament is expected to vote on the line-up of the new commission on 22 October. EPA/JULIEN WARNAND
Gegen Tibor Navracsics, der das undemokratische Mediengesetz in Ungarn zu verantworten hat, laufen Grüne und Liberale Sturm. Eine interne Abstimmung bei den Sozialdemokraten ist gegen ihn ausgefallen. Ob er im Ausschuss eine Mehrheit bekommt, ist offen.

Wackelkandidaten

Die Wackelkandidaten in Junckers Kommission
epa04427476 EU Commissioner-designate for Economic and Financial Affairs, Taxation and Customs Pierre Moscovici of France during attends a hearing of the European Parliament in Brussels, Belgium, 02 October 2014. The European Parliament has started quizzing the 27 men and women who have been picked to serve in the new European Commission. The full parliament is expected to vote on the line-up of the new commission on 22 October. EPA/OLIVIER HOSLET
Keine Zustimmung gibt es bisher auch für die Tschechin Věra Jourová und für den Franzosen Pierre Moscovici. Sie müssen schriftlich zusätzliche Fragen beantworten. Und beim Spanier Miguel Arias Cañete warten die Abgeordneten noch auf einen Experten-Check zur Erklärung seiner finanziellen Interessen, die er in den Tagen vor seinem Hearing mehrmals änderte.

Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker steht in ständigem Kontakt mit einflussreichen Abgeordneten. Er verteidige sein Team und die pro-europäische Haltung aller seiner Kandidaten, betonte am Wochenende seine Pressesprecherin.

Juncker und der sozialdemokratische Parlamentspräsident Martin Schulz wollen keine Wellen: Sie sind Großkoalitionäre, auch wenn es offiziell keinen Pakt zwischen Schwarz und Rot gibt. "Ja, es gibt Druck von oben", sagt ein Abgeordneter.

Viele Abgeordnete sehen aber auch eine positive Seite: Die Hearings haben eine neue Dynamik entfaltet. "Es gibt einen lebendigen Parlamentarismus ohne Klubzwang", sagt SPÖ-Delegationsleiter Jörg Leichtfried.

Weichenstellung

Morgen, Dienstag, wird sich abzeichnen, wie weit der Weg für die Juncker-Kommission noch ist: Hill hat sein zweites Hearing, die anderen Wackelkandidaten müssen Antworten auf die schriftlichen Nachfragen vorlegen. Am Abend tagen die Fraktionschefs. Eines scheint fix: Manche Kandidaten müssen zumindest mit Änderungen ihrer Dossiers rechnen.

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