Joe Bidens Schutzschirm für den Arbeitsmarkt
Er hatte sich nicht ohne Grund Pittsburgh ausgesucht. Die einstige Stahlmetropole im Osten Pennsylvanias steht wie kaum ein Ort in den USA für die chronische Krise der veralteten US-Industrie. In dieser Region stehen die Hochöfen, die Kohleminen, die Fabriken für Automotoren: All das, was Vorgänger Donald Trump zu retten versprochen hatte.
Dass da nicht mehr viel zu retten ist, ist inzwischen schmerzhaft klar. Deshalb stand Joe Biden am Mittwochabend in Pittsburgh, um seine Version der Erneuerung der US-Wirtschaft zu präsentieren: Die Modernisierung der Infrastruktur des Landes als größtes Arbeitsmarktprogramm seit dem Zweiten Weltkrieg.
Das rund zwei Billionen Dollar umfassende Paket sei ein Projekt, das eine Generation bestimmen werde – wie einst das Raumfahrtprogramm oder der Bau der Autobahnen, sagte der 78-Jährige. Die US-Infrastruktur ist seit Jahrzehnten verwahrlost, was unter anderem bei Naturkatastrophen, wie etwa kürzlich bei dem Wintersturm in Texas, erschreckend deutlich wird. Der Großteil des Bundesstaates war über Tage ohne Strom. Überlandstraßen voller Schlaglöcher, windschiefe Strommasten und einsturzgefährdete Brücken – all das prägt das Landschaftsbild in weiten Teilen der USA.
Gegen Klimawandel
Der Plan sieht unter anderem die Modernisierung von rund 32.000 Kilometer Straßen, 10.000 Brücken, mehreren Flughäfen sowie Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr und die Elektromobilität vor. Teil des Programms ist auch der Breitbandausbau und die Sanierung des Wasserversorgungssystems.
Biden will die Infrastruktur nicht nur erneuern, er will sie für den Kampf gegen den Klimawandel rüsten. Der grüne Umbau der USA, verspricht er, werde „Millionen von Jobs“ schaffen, und zwar, wie er betont, „gut bezahlte“ Jobs für amerikanische Arbeiter und Gewerkschaftsmitglieder, „die amerikanische Produkte“ herstellen. Doch die Skepsis auch unter den Industriearbeitern der Region ist groß. „Sie erzählen uns ständig, dass wir jetzt Sonnenenergie-Jobs kriegen“, erzählt ein Sprecher der örtlichen Gewerkschaft in Pennsylvania der New York Times: „Aber so funktioniert das nicht. Wir bauen Kraftwerke, Ölraffinerien, Stahlwerke.“
Der Plan werde auch den USA helfen, sich im Wettlauf mit China durchzusetzen. Der Kongress müsse das Paket beschließen. „Wir müssen das schaffen“, betonte der Präsident.
Doch schon jetzt formiert sich der Widerstand. Die Fronten im US-Kongress zwischen Demokraten und Republikanern sind seit Jahren verhärtet. Schon das Corona-Hilfspaket, das mit 1,9 Billionen Dollar vor knapp drei Wochen endgültig auf den Weg gebracht wurde, überstand nur dank der Mehrheit der Demokraten in beiden Häusern des US-Kongresses die Abstimmungen. Die Republikaner stimmten geschlossen dagegen.
Mitch McConnell, Fraktionsführer der Republikaner im Senat, hat seiner Partei die Marschrichtung vorgegeben. Das Paket sei ein „trojanisches Pferd“, zwar verspreche Biden eine Erneuerung der Infrastruktur, aber in Wirklichkeit stecke nichts dahinter als „geborgtes Geld und massive Steuererhöhungen auf die produktiven Teile unserer Industrie“.
Steuererhöhungen
Die Ablehnung der Republikaner konzentriert sich auf die geplanten Steuererhöhungen, die einen Teil des Pakets finanzieren sollen. Hatte Vorgänger Trump die Steuern für Unternehmen drastisch gesenkt, sollen sie jetzt wieder steigen. Für die Republikaner eine Kriegserklärung. McConnell jedenfalls hat deutlich gemacht, dass er Bidens Plänen nicht zustimmen werde. Ein schlechtes Vorzeichen für die Verhandlungen.
Noch deutlicher wird das Wall Street Journal, quasi Leitorgan des Wirtschaftsflügels der Republikaner: Bidens Plan enthalte „2,3 Billionen Dollar an Ausgaben für Klima und Politik, die als Infrastruktur getarnt sind“. Für das Medium besteht das Billionen-Paket vor allem aus „Geld für alles und jeden“ und sei nichts anderes als „eine perfekte politische Fassade für eine linke Agenda“.
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