Parlementsauflösung in Italien: Wahlkampf beginnt

Das Parlament soll heute aufgelöst werden. Der mit einem Ämter-Verbot belegte Ex-Premier Berlusconi steigt mit Wahlzuckerl in den Wahlkampf ein.

In Italien geht die Legislaturperiode zu Ende. Es wird erwartet, dass der italienische Staatschef Sergio Mattarella am heutigen Donnerstag das Parlament auflöst. Dies soll nach der Jahresabschluss-Pressekonferenz von Premier Paolo Gentiloni erfolgen.

Ex-Premier Matteo Renzi, der Italien während eines Großteils dieser Legislaturperiode regiert hat, hat unterdessen eine positive Bilanz seiner Regierungszeit (Februar 2014 bis Dezember 2016) gezogen. "Italien war zu Beginn meiner Amtszeit Anfang 2014 in großen Schwierigkeiten und am Rande des Bankrotts. Dank unserem Einsatz sind wir wieder auf der Fahrbahn. Die wichtigsten Reformen waren die Arbeitsmarktreform und die Digitalisierung der Industrie", sagte Renzi im Interview mit der Tageszeitung La Stampa am Donnerstag.


Auch die Legalisierung von Lebenspartnerschaften und die Einführung einer Patientenverfügung seien Gesetze, über die er stolz sei, sagte Renzi. Seine Regierung und jene seines Nachfolgers Gentiloni hätten stark in Kultur investiert. Die neue Regierung, die aus den Parlamentswahlen im Frühjahr hervorgehen werde, müsse die Bedingungen für mehr Jobs schaffen. Auch die Entbürokratisierung müsse weiterhin vorangetrieben werden, sagte Renzi.

Wahltermin-Bekanntgabe

Die Auflösung des Parlaments ist der erste Schritt in Richtung Parlamentswahlen. Mattarella soll am Donnerstag auch den Wahltermin bekanntgegeben. Erwartet wird, dass die Italiener am 4. März wählen. Der spätestens mögliche Wahltermin ist der 20. Mai. Nach der Auflösung des Parlaments bleibt Gentiloni bis zu Neuwahlen im Amt.

Mit der Auflösung des Parlaments beginnt offiziell der Wahlkampf in Italien. In den Umfragen liegt derzeit die populistische Fünf-Sterne-Bewegung mit 28 Prozent vorne. Allerdings werden einer Mitte-Rechts-Koalition um Ex-Premier Silvio Berlusconi die meisten Mandate im Abgeordnetenhaus vorhergesagt. Die regierenden Sozialdemokraten (PD) unter Renzi liegen etwa vier Prozentpunkte hinter der Fünf-Sterne-Bewegung.

Berlusconi trotzt Ämterverbot

Der viermalige Regierungschef Silvio Berlusconi stürzt sich bereits in den Wahlkampf, obwohl gegen ihn noch ein aufrechtes Ämterverbot wegen seiner Verurteilung wegen Steuerhinterziehung im Jahr 2013 besteht. Unter der Regierung Monti war ein Gesetz beschlossen worden, dass die Verbotszeiten nach Verurteilungen, auch rückwirkend, verlängerte. Dagegen ist Berlusconi vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gezogen. Ob es noch vor der Wahl zu einem Urteil kommt, ist ungewiss.

Berlusconi zeigt sich jedenfalls unbeeindruckt. Der Medienzar will mit dem Versprechen einer Verdoppelung der Mindestpensionen auf 1.000 Euro und der Einführung der sogenannten "Flat Tax" bei der Mitte-Rechts-Wählerschaft punkten. So hat sich der 81-jährige Gründer der rechtskonservativen Partei Forza Italia für die Einführung eines "Würdeeinkommens" zur Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung ausgesprochen. Als Vorbild dient ihm der verstorbene Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaft, Milton Friedman. Das "Würdeeinkommen" sollte mindestens 1.000 Euro im Monat betragen. "Wer unter 1.000 Euro im Monat verdient, braucht keine Steuern zu zahlen. Im Gegenteil, der Staat wird ihm den fehlenden Betrag zahlen, damit er zu einem würdevollen Einkommen gelangt", sagte Berlusconi.

"In Italien leben 4,75 Millionen Menschen in absoluter Armut. Diese Zahl ist in zehn Jahren um 65 Prozent gestiegen. Das ist für ein europäisches Land unannehmbar", so Berlusconi in einem Radiointerview. Niemand könne gut leben, wenn um ihn Millionen von Italienern von sozialen Leistungen, oder von Wohltätigkeitsorganisationen abhängig seien, weil sie keinen Zugang zur medizinischen Behandlung haben. "Italien braucht Notstandsmaßnahmen für Menschen, die nicht wissen, wie sie überleben sollen", betonte Berlusconi.

Jugendjobs und Steuerentlastungen

Der TV-Tycoon will sich auch für die Jugendbeschäftigung einsetzen. Eine komplette Steuerentlastung für Unternehmen, die Jugendliche mit einem Lehrlingsvertrag anstellen, schlägt Berlusconi vor. "Für Unternehmen muss es viel rentabler werden, einen Jugendlichen einzustellen", sagte Berlusconi. Die Verdoppelung der Mindestpensionen auf 1.000 Euro sei vor allem für ältere Frauen wichtig. "Unsere Mütter haben Recht auf eine würdevolle Pensionszeit", kommentierte Berlusconi.

In seinem Wahlprogramm zeigt Berlusconi auch ein Herz für Tiere. So plant er Steuerbegünstigungen für Personen, die Hunde, oder Katzen aus Tierheimen adoptieren. "Das Zivilisationsniveau eines Landes sieht man auch daran, wie es die Tiere behandelt", so Berlusconi.

Die Wahlen zum Abgeordnetenhaus und Senat müssten turnusmäßig spätestens im Mai stattfinden. Auf einen möglichst späten Wahltermin drängt Berlusconi, der eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Straßburg (EGMR) über das gegen das ihn verhängte Ämterverbot abwarten will. Sollte der EGMR der Klage Berlusconis nachgeben, will der Mailänder selbst bei der Parlamentswahl kandidieren. Im November 2013 hatte der Ex-Premier infolge einer rechtskräftigen Verurteilung wegen Steuerbetrugs sein Parlamentsmandat verloren.

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