Italien: Rechtspopulisten feiern Autonomie-Referendum

Die Lega Nord jubelt über das Ergebnis der Volksabstimmung und die Wahlbeteiligung. Chef Matteo Salvini spricht von einer "Demokratie-Lektion für Europa"

Während Europa mit Sorge die Entwicklungen in Katalonien beobachtet, wollen zwei wohlhabende norditalienische Regionen mehr Autonomie im Rahmen des Rechtsstaates erlangen. Ein Referendum, zu dem am Sonntag über 10 Millionen Wähler in der Lombardei und Venetien aufgerufen waren, endete mit einem klaren "Ja" für eine Ausweitung der regionalen Kompetenzen. Die Wahlbeteiligung war höher als erwartet.

Die in beiden Regionen regierende Rechtsaußen-Partei Lega Nord feierte dies als Sieg. Sie hatte die Wahlbeteiligung als Gradmesser für einen Erfolg ausgegeben. In Venetien gingen laut endgültigen Ergebnissen 59,2 der Wahlbeteiligten zur Abstimmung. Damit wurde das 50-Prozent-Quorum klar erreicht. 98 Prozent der abgebenen Wahlzettel waren Stimmen für mehr Autonomie, teilte die Regionalregierung mit.

Lega Nord jubelt

In der Lombardei, wo die autonomistischen Bestrebungen geringer sind als in der Nachbarregion Venetien, beteiligten sich 38,5 Prozent der Bürger am Referendum. Davon stimmten 95,2 Prozent für mehr Autonomie. Die rechtspopulistische Lega Nord, die das Referendum initiiert hatte, feierte das Ergebnis trotzdem als Erfolg. Anders als in Venetien gab es in der Lombardei keine Mindestbeteiligung für die Gültigkeit des Referendums.

Italien: Rechtspopulisten feiern Autonomie-Referendum
Karte der Regionen in Italien, Regionen mit Autonomiestatut und Ergebnis der Volksbefragung in der Lombardei und Venetien GRAFIK 1080-17, 88 x 114 mm
Im Gegensatz zum spanischen Katalonien ging es bei der Befragung in den beiden norditalienischen Regionen explizit nicht um eine Unabhängigkeit, sondern um zusätzliche regionale Kompetenzen im Rahmen der italienischen Verfassung. Das Ergebnis der Volksbefragung ist nicht bindend.

"Venetien kann jetzt von einer Autonomie wie Trentino Südtirol träumen. Alle Regionen können davon träumen, weil das Parlament die Verfassung ändern kann. Wichtig ist, die Stimmen dafür im Parlament zusammenzubringen", erklärte der Präsident Venetiens, Luca Zaia, der wie sein lombardischer Kollege Luca Maroni der Lega Nord angehört. Maroni meinte, man sollte auch süditalienische Regionen bei den Autonomieverhandlungen in Rom einbinden.

Regierung zum Dialog bereit

Die italienische Zentralregierung signalisierte nach dem Referendum Dialogbereitschaft. Der Staatssekretär für Regionalfragen, Claudio Bressa, erklärte, er sei zur Aufnahme von Verhandlungen über die Ausweitung der Eigenständigkeit der beiden norditalienischen Regionen bereit. Der Staatssekretär für Süditalien, Claudio De Vincenti, mahnte jedoch, dass bei den Autonomieverhandlungen verfassungsgemäß Steuerfragen ausgeschlossen bleiben müssen. Kritiker warfen den Regionalregierungen Geldverschwendung vor. Für die Aufnahme von Verhandlungen mit Rom hätte es keiner Volksabstimmung bedurft, so die Kritik der Mitte-Linksparteien.

Ziel der Lega Nord ist es, ein Gesetz zur Ausdehnung der regionalen Kompetenzen noch bis zum Ende der Legislaturperiode unter Dach und Fach zu bringen. Dabei geht es um die Erweiterung des normalen Statuts der beiden Regionen auf 23 zusätzliche Kompetenzen gemäß Artikel 116 der italienischen Verfassung. Die zusätzlichen Kompetenzen betreffen unter anderem die Bereiche Umwelt, Gesundheit, Bildung, Ziviljustiz, Kulturgüter sowie die Möglichkeit, dass die Regionen unabhängig von Rom Beziehungen zu anderen Staaten aufnehmen könne.

"Demokratie-Lektion"

Die hohe Beteiligung beim Referendum ist ein großer politischer Sieg für die Lega Nord, die in den 1980er Jahren als separatistische Partei des Nordens entstanden ist. Mittlerweile tritt die Partei, die auf EU-Ebene mit der französischen Front National und der FPÖ verbündet ist, vor allem nationalistisch und ausländerfeindlich auf und bemüht sich in ganz Italien Stimmen zu gewinnen. Angesichts des Erfolgs stellt Parteichef Matteo Salvini den Führungsanspruch im gesamten italienischen Mitte-Rechts-Lager, dem auch gemäßigte Parteien wie die rechtskonservative Forza Italia von Silvio Berlusconi angehören.

"Wir haben Europa eine Demokratie-Lektion erteilt. 5,5 Millionen Bürger haben sich an der Volksbefragung beteiligt. Das bezeugt, dass Reformen trotz des Einflusses starker Machtgruppen vom Volk in die Wege geleitet werden ", erklärte Lega-Chef Salvini am Montag.

Auch Südtiroler Opposition erfreut

Die Südtiroler Oppositionsparteien haben erfreut auf das "Ja" zu mehr Autonomie bei dem Referendum in den beiden norditalienische Regionen Lombardei und Venetien reagiert. Die Wähler hätten sich deutlich für mehr Unabhängigkeit von Rom ausgesprochen und damit den "italienischen Zentralisierungstendenzen" eine klare Absage erteil, erklärte etwa die Süd-Tiroler Freiheit.

Auch Freiheitliche und Grüne begrüßten den Ausgang der Referenden. "Die Bürger im Veneto und der Lombardei haben ein kräftiges Zeichen für mehr Eigenständigkeit und Freiheit von Rom gesetzt. Als liberale Bewegung, die sich stets den Werten der Eigenständigkeit und Eigenverantwortung verpflichtet fühlt, freut uns dies sehr. Denn die römische Bevormundung von verantwortungsbewussten Bürgern lehnen wir grundsätzlich ab", erklärte der freiheitliche Parteiobmann Andreas Leiter Reber.

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