Ist Kiew doch zu Verhandlungen bereit? Vielleicht
Im Netz hat die ukrainische Gegenoffensive schon längst begonnen. Da sieht man Verteidigungsminister Oleksij Resnikow auf britischen Panzern posieren, es kursieren Drohnenaufnahmen neuer westlicher Fahrzeuge, man sieht US-Minenräumsysteme bei der Arbeit - sie sollen die breiten Minengürtel der Russen vernichten.
Wann und wie die echte Offensive startet, und ob die ukrainischen Streitkräfte dafür noch genügen Ressourcen haben, ist aber nicht so eindeutig wie die Botschaft dieser Videos. Denn: Für Kiew steht viel auf dem Spiel. Scheitert der Gegenstoß, könnte die westliche Waffenhilfe versiegen und der Druck auf Friedensverhandlungen steigen. Erst vergangene Woche sagte US-General Mark Milley wieder, dass ein Sieg nach Kiews Geschmack, also die Befreiung aller besetzten Gebiete inklusive der Krim, „eine sehr sehr schwierige Angelegenheit“ sei – im Westen geht nach wie vor die Angst um, dass Putin auf einen Krim-Vorstoß mit Nuklearwaffen reagieren würde.
Knackpunkt Krim
Diese Furcht versucht Kiew nun offensiv zu zerstreuen. In einem Interview mit der Financial Times ließ ein enger Berater von Präsident Selenskij wissen, dass Kiew im Falle einer erfolgreichen Gegenoffensive durchaus verhandlungsbereit wäre: „Wenn wir auf dem Schlachtfeld unsere strategischen Ziele erreichen und an die Verwaltungsgrenzen der Krim gelangen, so sind wir bereit, die diplomatische Seite zu öffnen und die Sache zu bereden“, sagte Andrij Sybiha.
Das ist eine überraschende Ansage. Zwar schloss Sybiha eine militärische Eroberung der Krim dezidiert nicht aus, aber bisher war ein Abzug der Russen von der 2014 annektierten Halbinsel stets Bedingung mehr für Kiew, um an den Verhandlungstisch zurückzukehren – der ist ja seit dem Massaker von Butscha im April verwaist.
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