Carrie Johnson, die Königin der illegalen Parties in Downing Street?
Vernichtende Schlagzeilen, selbst in der konservativen britischen Presse, offene Rücktrittsforderungen der Opposition, eine schwelende Revolte in der eigenen Partei: Am Tag nach der Veröffentlichung des Untersuchungsberichtes zur "Partygate"-Affäre steht Boris Johnson politisch weiter mit dem Rücken zur Wand. Doch wie aber konnte es soweit kommen, rätseln politische Beobachter in London. Wieso hat den sonst gewieften Populisten sein sonst so zielsicherer Instinkt für den Gemütszustand seiner Landsleute verlassen?
Die Antwort, die jetzt politische Insider gegenüber Medien wie der Times liefern, die verlässlich bestens über die Lage in Downing Street ist, könnte kaum klarer sein: "Alles führt auf die Ratschläge zurück, die der Premierminister von seiner Frau Carrie bekommt – und die er tatsächlich befolgt."
Politischer Einfluss
Seit die heute 33-jährige, ehemalige PR-Beraterin 2018 eine Affäre mit dem damaligen Außenminister Boris Johnson begonnen hat, beschäftigt ihr wachsender Einfluss auf ihn Politik und Medien in Großbritannien. So soll die leidenschaftliche Tierschützerin nicht nur Jagdausflüge der Regierung im letzten Moment verhindern, sie soll auch dafür verantwortlich sein, dass mehrere Spitzenpolitiker, darunter ein Minister, ihren Job verloren. Ihr wahrscheinlich prominentestes Opfer ist Johnsons langjähriger politischer Stratege Dominic Cummings: Der Mann, der als Mastermind der gesamten Brexit-Kampagne gilt, wurde ins politische Out gestellt, von wo aus er derzeit ständig öffentlich politische Schmutzwäsche wäscht – vor allem jene von Carrie Symonds. Sie handle "illegal" und "unethisch" und habe Freunde zu hochrangigen Jobs verholfen.
Überteuerte Renovierung
Dass Carries Einfluss und ihre Ratschläge für Johnson nicht immer günstige Auswirkung hatten, wurde erstmals im Vorjahr bei der Affäre um die Renovierung von Downing Street deutlich: Carrie hatte nicht nur eine Einrichtung nach ihrem Geschmack durchgesetzt, was viele Kommentatoren spöttisch beurteilten, sondern vor allem nach ihren Preisvorstellungen. Und die sprengten jeden für solche Renovierung eigentlich festgelegten Rahmen.
Spontane Siegesfeier
Dass Carrie, die seit 2020 mit dem Premier verheiratet ist, auch beim Gesellschaftsleben in Downing Street offensichtlich die Fäden zog, zeigt eine Party, die sie ausgerechnet zur Feier des Abgangs ihres Intimfeindes Dominic Cummings veranstaltete. Wie die Times berichtet, hatte sie persönlich zu dieser "Siegesfeier" eingeladen, von der Boris Johson später nichts wissen wollte und die jetzt im Zentrum der Ermittlungen der britischen Polizei gegen Johnson steht.
Selbstverständlich, so hätten politische Insider inzwischen eingestanden, sei Carrie auch bei all den Umtrünken, die meist Freitag Nachmittag im Regierungssitz stattfanden, dabei gewesen und hätte dabei immer für Stimmung und ordentlich Alkohol-Nachschub gesorgt. Im nun vorliegenden Untersuchungsbericht ist das als "exzessiver Alkoholkonsum" festgehalten. Ganz zu schweigen von der Überraschungs-Geburtstagsparty für den Premier im Vorjahr während des Lockdowns, bei der die Ehefrau nicht nur für die Torte, sondern auch für das Geburtstagsständchen sorgte. Fotos davon tauchten reihenweise in den Sozialen Medien auf – und beschäftigen jetzt auch die Polizei.
"Bienenkönigin, oder Spinne?"
Auf jeden Fall, so das harte Urteil der Times, sei Carrie die Zentralfigur in der neuen und jetzt politisch so verheerenden Alltagskultur in Downing Street. Sie sei, "die mächtigste Frau an der Seite eines Premierministers seit Menschengedenken" und habe "diese Kultur des ständigen Regelbruchs" eingeführt. Die Frage, die sich die renommierte Zeitung zum Schluss noch stellt: "Ist sie jetzt die Bienenkönigin von Downing Street, oder die Spinne im Netz?"
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