Israels Armee bombardiert Hamas-Ziele im Gazastreifen, Hamas feuert Raketen auf Tel Aviv

Raketeneinschläge in Gaza
Israel reagiert seit den Massakern mit schweren Luftangriffen auf den Gazastreifen. Auch in der Nacht zum Donnerstag setzte Israels Armee den Beschuss fort. Minister knüpft Ende der Gaza-Blockade an Geiselbefreiung.

Nach dem massiven Angriff der Hamas hat Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu damit gedroht, alle Mitglieder der radikalislamischen Palästinenserorganisation zu töten. "Die Hamas, das ist der Islamische Staat, und wir werden sie zerquetschen und zerstören, wie die Welt den Islamischen Staat zerstört hat", so Netanyahu am Mittwochabend in seiner ersten Ansprache mit Mitgliedern des neuen sogenannten Kriegskabinetts. Jedes "Mitglied der Hamas ist ein toter Mann", sagte er.

Verteidigungsminister Joav Gallant pflichtete dem Regierungschef bei, Israel werde "die Hamas vom Angesicht der Erde wischen".

Nach dem folgenschwersten Angriff auf Israel seit seiner Staatsgründung vor 75 Jahren haben sich Netanyahu und der Oppositionspolitiker Benny Gantz am Mittwoch auf eine gemeinsame "Notstandsregierung und auf ein Kriegskabinett" geeinigt, wie sie in einer gemeinsamen Erklärung mitteilten. Dem dreiköpfigen "Kriegskabinett" sollen Netanyahu, Gantz und Gallant angehören.

Totenzahlen steigen weiter

Die Hamas hatte am Samstag einen Großangriff auf Israel gestartet, woraufhin die israelische Armee zehntausende Soldaten mobilisierte und den Gazastreifen unter Dauerbeschuss nahm. In Israel töteten die Angreifer nach vorläufigen Angaben mehr als 1.300 Menschen. Unter den mehr als 1.300 Todesopfern seien 189 Soldaten, teilte Israels Armee am Mittwochabend mit. 150 Menschen wurden nach Angaben der israelischen Armee von den Hamas-Kämpfern entführt und in den Gazastreifen verschleppt. 

Die Zahl der Toten im Gazastreifen ist laut dortigem Gesundheitsministerium auf 1.354 gestiegen, rund 6.049 Menschen wurden verletzt.

Minister knüpft Gaza-Blockade an Geiselbefreiung

Israels Energieminister hat die Grundversorgung der Zivilbevölkerung im Gazastreifen an die Freilassung der israelischen Geiseln in Hand der islamistischen Hamas geknüpft. "Kein Stromschalter wird umgelegt, kein Wasserhahn geöffnet und kein Treibstofflaster fährt rein, bis die israelischen Geiseln nach Hause zurückgekehrt sind", schrieb Israel Katz am Donnerstag auf der Plattform X (vormals Twitter).

➤ Lesen Sie mehr hier: Israelischer Energieminister: Ende der Gaza-Blockade nur bei Geiselfreilassung

Die Lage am Donnerstag in Bildern

Israels Armee bombardiert Hamas-Ziele im Gazastreifen, Hamas feuert Raketen auf Tel Aviv

Israelische Polizei- und Sicherheitskräfte schützen einen Journalisten während eines Raketenangriffs in der südlichen Stadt Sderot nahe der Grenze zum Gazastreifen

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Zerstörte Gebäude in Gaza

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Eine israelische Waffenversteilungsstelle im Kibbuz Ayelet HaShahar im Norden Israels, nahe der libanesischen Grenze

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Ein palästinensischer Mann holt Wasser an einer öffentlichen Stelle

Israels Armee bombardiert Hamas-Ziele im Gazastreifen, Hamas feuert Raketen auf Tel Aviv

Israelische Militärfahrzeuge in der Nähe der israelischen Grenze zum Gaza-Streifen im Süden Israels

Schwere Luftangriffe auf Gazastreifen

Israel reagiert seit den Massakern mit schweren Luftangriffen auf den Gazastreifen. Dabei wurden dort mindestens 1.100 Menschen getötet und mehr als 5.300 weitere verletzt. Auch in der Nacht zum Donnerstag setzte Israels Armee den Beschuss fort. Es laufe ein großangelegter Angriff gegen zur Hamas gehörende Ziele im Gazastreifen, teilte das Militär am frühen Morgen auf Telegram mit. Die Hamas habe unter dem abgeriegelten Küstengebiet ein Netzwerk von Tunneln angelegt, erklärte Armeesprecher Jonathan Conricus. Das seien keine Bunker für die Zivilbevölkerung, die Tunnel dienten ausschließlich der Hamas und ihren terroristischen Zielen. "Das ist das, was wir angreifen", sagte der Armeesprecher.

Die Lage für die eingeschlossene palästinensische Zivilbevölkerung wird indes immer prekärer. Die Mitgliedsstaaten der Arabischen Liga forderten einen sofortigen Stopp der israelischen Angriffe und warnten vor "katastrophalen" humanitären Folgen und Sicherheitsrisiken durch eine Verschärfung des Konflikts.

Sprecher: Israels Militär zielt auf gesamte Hamas-Spitze ab

Israels Militär will nach Angaben eines Sprechers mit Angriffen im Gazastreifen die gesamte Führungsspitze der dort herrschenden islamistischen Hamas ausschalten. Dies schließe nicht nur die militärische, sondern auch die politische Führung der Hamas ein, sagte Militärsprecher Richard Hecht: "Wir konzentrieren uns darauf, die ranghohe Führung auszuschalten, bis zu (Hamas-Chef Jihia) al-Sinwar." Nach israelischen Informationen habe auch die politische Führung einschließlich Sinwars von den Anschlagsplänen gewusst.

Vorbereitungen auf Bodenoffensive, politische Entscheidung steht noch aus

Israels Armee bereitet sich indes auf eine mögliche Bodenoffensive im Gazastreifen vor. "Wir bereiten uns auf ein Bodenmanöver vor, falls dieses von der politischen Führung entschieden wird", sagte Militärsprecher Hecht. Eine solche Entscheidung sei noch nicht gefallen. 

Hamas feuert Raketen auf Tel Aviv

Die radikalislamische Hamas wiederum hat am Donnerstag nach eigenen Angaben erneut Raketen auf Tel Aviv abgefeuert. Die Attacken seien eine Reaktion auf israelische Luftangriffe, die sich gegen Zivilisten in zwei Flüchtlingslagern gerichtet hätten, teilte die Palästinenserorganisation mit.

Biden: "Regeln des Krieges" beachten

US-Präsident Joe Biden rief Israel dazu auf, nach den "Regeln des Krieges" zu handeln und das Völkerrecht zu achten. Es gibt Anzeichen, dass Israels Armee in dem dicht besiedelten Gebiet eine Bodenoffensive starten wird. 300.000 Soldaten sind mobilisiert.

US-Präsident Biden nannte den Hamas-Angriff "den tödlichsten Tag für Juden seit dem Holocaust". Gleichwohl appelliere er an Netanjahus Regierung, bei der Gegenreaktion Augenmaß zu bewahren, wie er bei einem Treffen mit führenden Vertreterinnen und Vertretern jüdischer Gemeinden in Washington betonte.

Die US-Regierung führt mit Israel und Ägypten Gespräche über die Öffnung eines Grenzübergangs für Zivilisten zur Ausreise aus dem Gazastreifen. "Wir wollen nach bestem Wissen und Gewissen sicherstellen - und ich weiß, dass Israel nach bestem Wissen und Gewissen sicherstellen will -, dass Zivilisten nicht zu Schaden kommen", sagte US-Außenminister Antony Blinken vor seiner Abreise nach Israel, wo er am Donnerstag Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Präsident Izchak Herzog treffen will.

➤ Informieren Sie sich über die aktuellen Entwicklungen in Israel in unserem Live-Ticker

UN-Generalsekretär Guterres fordert schnelle Hilfe für Zivilbevölkerung in Gaza

Angesichts des Leidens der Zivilbevölkerung und der massiven Zerstörungen durch die andauernden israelischen Luftangriffe forderte UN-Generalsekretär António Guterres schnelle Hilfe für die Menschen in dem nur 40 Kilometer langen und zwischen sechs und zwölf Kilometer breiten Küstenstreifen. Lebenswichtige Hilfsgüter - darunter Treibstoff, Lebensmittel und Wasser - müssten in den Gazastreifen gelangen können. "Wir brauchen jetzt schnellen und ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe", sagte Guterres am Mittwoch in New York. Die Hamas forderte er zur Freilassung aller Geiseln auf.

Ägypten sicherte den Vereinten Nationen die Öffnung seiner Grenze nach Gaza für humanitäre Hilfslieferungen zu. Auch der nahe dem Übergang Rafah gelegene Flughafen in Al-Arisch auf der ägyptischen Sinai-Halbinsel könnte genutzt werden, sagte UN-Sprecher Stephane Dujarric. Rafah ist der einzige Grenzübergang vom Gazastreifen nach Ägypten. Alle anderen Passierstellen gehen nach Israel. Zuletzt waren sämtliche Übergänge geschlossen. Israel verhängte eine komplette Blockade über das Gebiet, in dem rund 2,3 Millionen Palästinenser leben.

➤ Mehr lesen Sie hier: Gefangen in Gaza: Auch NGOs werden bombardiert

EU-Außenbeauftragte Borrell sieht Verstöße gegen Völkerrecht 

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell warf der Regierung in Jerusalem vor, mit Maßnahmen wie der Unterbrechung der Versorgung mit Wasser, Strom und Nahrungsmitteln für den Gazastreifen gegen das Völkerrecht zu verstoßen. Nach Angaben des UN-Nothilfebüros OCHA flohen bisher etwa 264.000 Menschen innerhalb des abgeriegelten Gebietes. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnete die unablässigen Luftangriffe Israels als "Massaker". Zugleich verurteilte er das Töten von israelischen Zivilisten durch die Hamas.

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