Israel: Schnell beim Impfen und Anstecken

Das Land kämpft mit 9.000 Neuansteckungen pro Tag
Israel ist mit seiner Impfkampagne Spitzenreiter, allerdings auch bei Neuinfektionen

Kein Staat impft seine Bevölkerung so schnell wie Israel. Doch mit 9.000 Neuansteckungen pro Tag verbreitet sich hier das Coronavirus gleichzeitig schneller als anderswo. Schutzmaßnahmen wurden schlecht umgesetzt: Etwa die Vermeidung von Gruppenbildung oder Wahrung von Distanz.

Ab Freitag soll der jetzige, dritte Lockdown „verschärft“ werden. Er begann im Dezember und sein bisheriger Misserfolg zeigt sich schon beim Blick aus dem Fenster: Staus auf Israels Straßen, Märkte und Einkaufszentren waren weitgehend geöffnet. Vor allem Wohnviertel mit strengfrommen Bewohnern und arabische Ortschaften sind vom Virus betroffen. Darum war die Beratungskommission der Experten gegen einen allgemeinen Lockdown und empfahl lokal gezielte Absperrungen. Doch Netanjahu zog den allgemeinen Lockdown vor. Seine Verbündeten sollten sich nicht benachteiligt fühlen. Stattdessen konzentriert der Premier sich auf eine schnelle und umfassende Impfkampagne. Er zahlte früher und mehr als andere für Impfstoffe, gleich von mehreren Anbietern.

Dazu bewiesen die in Israel noch aus der sozialistischen Gründerzeit stammenden Polikliniken erneut ihre Improvisationsfähigkeit. Ihre Patienten werden bis heute als „Chaver“ angesprochen: „Genosse“ – auf Hebräisch auch „Freund“. In wenigen Tagen stampften sie in Jugendzentren und Lazarettzelten durchdigitalisierte Impfzentren aus dem Boden. Netanjahu gab ihnen jeden Freiraum. So will er seinen Wahlkampf gewinnen. Jetzt aber geht ihnen der Impfstoff aus. Wann Nachschub kommt, ist unklar. Inoffiziell heißt es, am Sonntag werden neue Lieferungen erwartet. Diesmal von der Firma Moderna.

Kooperation mit Hamas?

Bleibt noch ein Problem: Die Palästinenser in den besetzten Gebieten. Die Ärzte dort arbeiten seit Beginn der Pandemie eng mit ihren israelischen Kollegen zusammen. Doch die palästinensische Regierung (PA) stellte 2020 ihre Zusammenarbeit mit Israel ein. Aus Protest gegen Netanjahus Annexionspläne, die nicht umgesetzt wurden.

Eine Impf-Kampagne erfordert aber Voraussetzungen, die nur mit israelischer Hilfe erfüllt werden können, wie besondere Kühlungsaggregate zur Lagerung und Transport. Ende Dezember nahm die PA die Zusammenarbeit mit Israel wieder auf. Wobei ein Erfolg der Corona-Bekämpfung in Israel letztlich auch vom Erfolg in den Palästinensergebieten abhängt. Weshalb Israel sogar der verfeindeten Hamas-Regierung im nahen Gazastreifen helfen muss.

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