Israel: Premier Netanjahu siegt laut Hochrechnungen
Aller guten Dinge sind drei. Doch für Israels Übergangspremier Netanyahu ist gut nicht immer gut genug. Erste Hochrechnungen zeigen einen weiten Sprung seines Rechtsbloocks nach Oben: Mit 60 der 120 Sitze im Parlament.
Womit die Möglichkeit einer Regierungsbildung für ihn greifbar nahe rückt. Fraglich bleibt aber, ob diese Mehrheit auch einen parlamentarischen Weg zu einer Immunität für ihn bahnen kann. Schon in wenigen Wochen beginnt sein Prozess mit der Anklage auf Veruntreuung, Betrug und Korruption. Und nicht alle Mitglieder seiner Koalition haben sich bislang für die Gewährung einer Immunität für Netanyahu ausgesprochen. Die aber ist das eigentliche Ziel Netanyahus.
Mit 60 Stimmen von Rechts gibt es für Mitte-Links keine Aussichten auf eine tragfähige Koalition. Im Gegenteil: Jetzt ist die Zeit der Überläufer gekommen: Nach drei Urnengängen in einem Jahr kann auch bei „Nur-Nicht-Netanyahu“-Politikern die Lust auf weiterte Wahlen im 5-Monate-Rhythmus vergehen. Aber selbst wenn ein neues Immunitätsgesetz scheitern sollte, kann der seit April als Übergangspremier amtierende Netanyahu neuer Premier werden. Das alte Gesetz sieht für Minister unter Anklage den Rücktritt vor. Mit der Möglichkeit eines Regierungschef unter Anklage rechnete der Gesetzgeber einfach nicht.
Auch so wird es nicht leicht für Netanyahu: Avigdor Lieberman, Chef der rechten Israel-Beytenu Partei bekräftigte sofort mit Bekanntwerden der Hochrechnungen: „Wir halten unser Wahlversprechen - wie in den beiden letzten Wahlen.“ Und das Versprechen war: Keine Koalition mit Netanyahu.
Lieberman, einst enger Vertrauter Netanyahus und Heute ärgster Widersacher, ist aber zu politischen Kehrtwenden durchaus fähig. Er lehnt aber auch jeden „parlamentarischen Freispruch“ für Netanyahu ab.
Israels Wähler zeigten sich wider Erwarten ausdauernd. Schon früh am Wahltag zeichnete sich eine hohe Wahlbeteiligung ab. Obwohl die Schmutzkampagnen der Parteien mehr als sonst Wähler hätten abstoßen können. Sogar Staatspräsident Reuven Rivlin klagte nach seiner Stimmabgabe: „Heute will bei mir keine Feststimmung aufkommen, ich verspüre nur tiefe Scham.“ Obwohl Rivlin aus Netanyahus Likud-Partei kommt, kritisiert er diesen seit Jahren wegen dessen unsauberer Wahlkämpfe.
So zog der Likud dieses Mal sogar „die geistige und seelische Gesundheit“ von Herausforderer Gantz in Zweifel. Absoluter Höhepunkt aller Tiefenrekorde war letzte Woche die Veröffentlichung eines heimlich belauschten Gesprächs, in dem ein Gantz-Berater seinem Rabbiner beichtet: „Gantz ist unfähig, schwierige Beschlüsse zu fassen.“
Die Schmutzkampagne zeigte positive Folgen in Umfragen für den Likud. Zunächst. Doch das heimlich aufgezeichnete Seelen-Gespräch kam auch bei Likud-Wähler nicht gut an. Worauf Netanyahu nur wenige Tage vor den Wahlen noch auf Positiv-Werbung umschaltete. Blau-Weiß hingegen machte die Kehrtwende in Richtung Schlammschlacht. Netanyahu wurde der „Erdogan Israels“. So kurz vor den Wahlen gutes Timing für den Premier.
Netanyahus gezielt spaltende Hetzreden hat vor allem seine Gegner, etwa arabische Wähler, motiviert. Netanyahus Positiv-Werbung der letzten Tage richtete sich daher auch gezielt an die Araber Israels. Sein Wechsel zur Positiv-Werbung brachte ihm aber doch abgesprungene Likud-Wähler zurück.
In Israel ist in der vorgeschriebenen 3-Monate-Gesetzesfrist für eine Regierungsbildung wieder alles möglich. Oder unmöglich. So hat die Wahlbehörde auch schon den 6. September als neuen Wahltermin vorgeschlagen. Ob es zu einer 4. Runde kommt, muss die neue Mehrheit zeigen. Nicht für eine neue Regierung, sondern für Netanyahus Immunität.
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