Wilde Attacke Ankaras
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan sieht das anders und attackierte Österreich am Abend frontal: "Ich verfluche den österreichischen Staat. Er will wohl, dass die Muslime den Preis dafür zahlen, dass er die Juden einem Genozid unterzogen hat."
Das türkische Außenministerium "verurteilte" Aussagen Innenminister Karl Nehammers (ÖVP), der die "unrühmliche" Rolle der Türkei heftig kritisiert hatte. Erdoğan, der in der Vorwoche Israel als "Terrorstaat" bezeichnet hatte, warf er vor, "Öl ins Feuer" zu gießen.
Heftiger kocht die Debatte in Deutschland hoch. Am Wochenende fanden in mehreren deutschen Großstädten wie Frankfurt oder Berlin Demonstrationen gegen Israels Angriffe auf den Gazastreifen statt – mit jeweils mehreren Tausend Teilnehmern. Dabei wurden nicht nur Parolen wie "Kindermörder Israel", oder "Beschießt Tel Aviv" skandiert, es kam auch zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Polizei, Dutzende Teilnehmer wurden verhaftet. Dazu kam es zu mehreren Angriffen gegen Synagogen und jüdische Gedenkstätten. Diese wurden mit Farbkübeln beworfen und beschmiert.
Vor allem in der konservativen Union wird Empörung über die Proteste laut. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble spricht etwa von "unerträglichen Bildern" und "antisemitischer Hetze", die nichts mit Kritik an Israel zu tun habe. Wie Schäuble richten mehrere führende CDU-Politiker ihre Kritik direkt an muslimische Mitbürger. Deutschland müsse muslimischen Migranten klarmachen, sie seien "in ein Land eingewandert, in dem die besondere Verantwortung für Israel Teil unseres Selbstverständnisses ist". Der Staat müsse dafür sorgen, dass die Menschen in dieser heiklen Thematik geschult würden.
Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) beschrieb die Randalierer dagegen als "300 bis 400 junge Männer, arabischstämmig, nicht politisch organisiert, eher erlebnisorientiert" und erntete für die Verharmlosung "erlebnisorientiert" harsche Kritik.
Mit Härte stellte sich die Politik in Frankreich gegen pro-palästinensische Kundgebungen. In Paris wurden sie wegen angeblich akuter Gefährdung der öffentlichen Ordnung sogar verboten. 2014 waren bei ähnlichen Kundgebungen gegen Israels damalige Militäroperationen in Gaza Synagogen angegriffen und jüdische Geschäfte zerstört worden. Menschen, die ungeachtet des Verbotes demonstrierten, wurden zu Dutzenden verhaftet. In anderen französischen Städten dagegen wurden pro-palästinensische Kundgebungen erlaubt.
"Völkermord"
Ähnlich aufgeheizt auch die Stimmung in anderen europäischen Hauptstädten. In Madrid gingen etwa 3.000 Menschen im Stadtzentrum auf die Straße. "Jerusalem, ewige Hauptstadt der Palästinenser", war auf Transparenten zu lesen. "Das ist kein Krieg, das ist Völkermord!", riefen Demonstranten auf dem Weg zum zentralen Platz Puerta del Sol. Viele junge Leute waren in palästinensische Flaggen eingehüllt. Ganz ähnlich die Szenen in London, wo mehrere Tausend Menschen mit dem Ruf nach der "Befreiung" Palästinas zur israelischen Botschaft zogen.
"Terrorstaat"
Auch in den sozialen Medien kocht die Wut auf beiden Seiten unvermindert hoch. Vom "Terrorstaat" Israel wird tausendfach getwittert, aber auch vom jüdischen Staat und seiner Armee, als der "moralischsten der Welt". "Dazwischen aber", meint die Nahost-Reporterin des Spiegel, Alexandra Rojkov, resigniert, "scheint es wenig zu geben".
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