Israel: Linker versus rechter Hochadel

Anhänger des rechten Lagers auf dem Rabin-Platz in Tel Aviv.
Beide Kandidaten für das Amt des Premiers sind sich ähnlich und doch so verschieden.

Weil die Stimmung im Land immer mehr Richtung Wandel roch, versuchte der amtierende konservative Premier Benjamin Netanyahu am Tag vor den heutigen Parlamentswahlen in Israel mit einem verbalen Kraftakt im rechten Spektrum zu punkten: Mit ihm als Regierungschef werde es keinen Palästinenserstaat geben. Mit dieser ultimativen Volte versuchte er seinen linken Herausforderer Jizchak Herzog doch noch in Schach halten zu können.

In Wahrheit sind sich die beide Premierskandidaten sehr ähnlich – und könnten doch widersprüchlicher nicht sein. Parallele Lebensläufe – aber in gegensätzliche Richtungen. Doch der Führungsanspruch, der war beiden in die Wiege gelegt.

Benjamin Netanyahus Familie gehört zu Israels rechtem Hochadel. Vater Benzion war Sekretär Seew Jabotinkys, der ideologische Urvater der zionistischen Rechten. In Warschau geboren, lebte Benzion Netanyahu lange in den USA. Als Professor für Geschichte machte er sich einen Namen von Weltruf. In der Politik blieb er als Berater im Hintergrund.

Die Herzogs gehören zum roten Hochadel. Jizchaks Vater Chaim war Staatspräsident, UN-Botschafter und der General, der im Sechs-Tage-Krieg 1967 Israels Stimme wurde. Sachlich und mit leichtem angelsächsischen Akzent. Sein Vater, Jizchaks Großvater, war Oberrabbiner von Irland und später Palästina.

"Buji" fordert "Bibi"

Benjamin und Jizchak dienten beide in Elite-Einheiten der Armee. Als einfache Offiziere. Beiden ist Englisch die zweite Muttersprache. Netanyahu studierte am berühmten MIT in Boston. Herzog an der Cornell-Universität. Beide hassen ihre Spitznamen. Netanyahu forderte die Medien zur Streichung von "Bibi" in ihrer Berichterstattung auf. "Buji" Herzog zieht "Isaac" vor, die englische Form seines Vornamens.

Israel: Linker versus rechter Hochadel
epa04656688 Tzipi Livni (L) and her co-leader in the Zionist Union party Isaac Herzog (R) attend an election campaign event of the Zionist Union party in the southern Israeli city of Beersheba, 10 March 2105. Israeli will hold general elections on 17 March 2015. EPA/ATEF SAFADI
Soweit die Gemeinsamkeiten. Und die Unterschiede? Es beginnt beim Lächeln. Netanyahu tritt mit Siegerlächeln auf. Das sehr bald arrogant wirkt. Herzogs Lächeln ist für Siegerposen ungeeignet. Der nette Junge von nebenan ist einfach zu schüchtern. Doch hat das Lächeln etwas Gewinnendes. Und etwas Täuschendes. Verfolgt Herzog ein Ziel, bleibt er dran. Was aber schon wieder eine Gemeinsamkeit mit Netanyahu ist.

Ihre politischen Laufbahnen verliefen reibungslos. Kein Schritt vorwärts war geschenkt. Sie sind Prinzen, Israel ist aber keine Monarchie. "Wer Bibi nicht durch die Vordertür reinlässt", meinte ein Likud-Funktionär, "bekommt ihn durchs Hinterfenster". Etwas Ähnliches wird auch Herzogs Vorgängerin an der Parteispitze gedacht haben. Als Quereinsteigerin bootete Scheli Yechimovic den Parteiprinzen zunächst aus. Der servierte sie nach nur einem Jahr ab.

Im Wahlkampf 2015 bestätigen Israels Wähler Netanyahu in Umfragen eindeutig als den "Fähigeren". Was dieser falsch verstand. Seine haushohe Führung sah er als uneinholbar. Er verlegte die Wahlen vor. Jedoch: Im Wahlkampf waren den Wählern nicht die Fähigkeiten der Spitzenkandidaten wichtig, sondern die Antworten der Parteien auf die Probleme. Herzog stellte sich den Fragen, durchpflügte das Land, schüttelte jede ausgestreckte Hand.

Netanyahu hielt nur eine öffentliche Rede an Israels Wählerschaft. Im US-Kongress. "Wo ist Bibi?", fragte die Opposition höhnisch, als dieser ein TV-Duell mit Herzog verweigerte. Dabei ist er der rhetorisch Begabtere.

Letztlich aber ist nicht wichtig, wer die meisten Stimmen anzieht. Entscheidend ist, wer mehr Parteien in eine Koalition ziehen kann. Auf dem Papier hat es ein rechter Kandidat da leichter. Mit den religiösen Parteien und etwas aus der Mitte. Aber: Die neuen Mitte-Parteien werden von Netanyahu-Skeptikern angeführt. Herzog könnte sie für sich gewinnen. Wenn der Preis stimmt, sogar die religiösen Parteien – immerhin war Opa ja Oberrabbiner.

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