"Gaza brennt": Israel hat Bodenoffensive begonnen

Smoke rises from Gaza after an explosion, as seen from the Israeli side of the border
Die israelische Armee hat eine intensive Operation gegen Gaza-Stadt begonnen und fährt schwere Luft- und Artillerieangriffe, berichten Bewohner.

Zusammenfassung

  • Israel startet laut Medienberichten eine Bodenoffensive auf Gaza-Stadt, begleitet von intensiven Luft- und Artillerieangriffen.
  • US-Außenminister Rubio äußert Zweifel an einer diplomatischen Lösung und fordert das Ende der Hamas sowie die Freilassung aller Geiseln.
  • Rubio reist nach Katar, um die Vermittlerrolle des Golfstaats im Gaza-Konflikt und die US-Unterstützung für Katars Sicherheit zu betonen.

Das israelische Militär hat in der Nacht auf Dienstag seine Angriffe auf die Stadt Gaza massiv intensiviert. "Gaza brennt", schrieb der israelische Verteidigungsminister Israel Katz in der Früh auf Telegram. Die Soldaten kämpften, "um die Voraussetzungen für die Freilassung der Geiseln und die Niederlage der Hamas zu schaffen". 

Die US-Nachrichtenseite Axios zitierte israelische Beamte, denen zufolge es sich um den eigentlichen Beginn der Bodenoffensive in der Stadt handle. Israels Verteidigungsminister schrieb weiter: "Wir werden nicht nachlassen und nicht zurückweichen - bis die Mission abgeschlossen ist."

Berichte über ununterbrochenes Bombardement

Israelische Kampfflugzeuge flogen in der Nacht laut der palästinensischen Nachrichtenagentur WAFA nahezu ununterbrochen heftige Attacken auf die im Norden des Gazastreifens gelegene Stadt, begleitet von Artilleriebeschuss. Palästinensischen Medienberichten zufolge drangen danach Panzer in die Stadt ein, in der sich vermutlich noch Hunderttausende Palästinenser aufhalten. Eine Bestätigung der israelischen Armee dafür lag zunächst nicht vor.

Die israelische Nachrichtenseite Walla berichtete unter Berufung auf einen Mitarbeiter des Militärgeneralstabs, es habe "eine intensive Operation begonnen, die vielfältiges Feuer gegen zahlreiche Terrorziele umfasst". Und dies sei "erst der Anfang". Nach israelischen Medienberichten waren die schweren Explosionen im Norden des Gazastreifens auch in Israel zu hören.

Rubio zweifelt an diplomatischer Lösung

Kurz zuvor hatte US-Außenminister Marco Rubio Zweifel geäußert, ob der Gaza-Krieg auf diplomatischem Wege beendet werden kann. "Wenn es also nicht auf diese Weise endet, dann muss es durch einen militärischen Einsatz beendet werden", wurde er nach einem Gespräch mit dem US-Sender Fox News während seines Aufenthalts in Israel zitiert. 

Er glaube, dass Israel diesen Weg selbst nicht bevorzuge.

Angehörige der Geiseln: Es könnte ihre letzte Nacht sein

Das Forum der Angehörigen der von der islamistischen Terrororganisation Hamas festgehaltenen Geiseln äußerte große Besorgnis angesichts der Berichte über die begonnene Einnahme der Stadt Gaza. Nach 710 Nächten in der Gewalt von Terroristen "könnte heute Nacht die letzte Nacht für die Geiseln sein", hieß es in einer Erklärung des Forums. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu entscheide sich bewusst dafür, "sie aus politischen Erwägungen zu opfern". Er ignoriere dabei völlig die Einschätzungen des Generalstabschefs und der Sicherheitsbehörden, hieß es in der Mitteilung weiter. Netanyahus rechtsextreme Koalitionspartner, von denen sein politisches Überleben abhängt, sind gegen eine Waffenruhe.

Das israelische Sicherheitskabinett hatte im August die Einnahme von Gaza-Stadt gebilligt. Das israelische Militär rief deshalb alle der schätzungsweise eine Million Bewohner der Stadt auf, in sogenannte humanitäre Zonen weiter südlich im von Israel abgeriegelten Küstenstreifen zu flüchten. In Erwartung des Vorstoßes flohen nach israelischen und palästinensischen Angaben bereits mehr als 300.000 Menschen aus der Stadt.

Schwere Vorwürfe gegen Netanjahu

Israelische Medien berichteten unter Berufung auf palästinensische Quellen, die Hamas habe Geiseln aus unterirdischen Tunneln geholt und in Häuser und Zelte in der Stadt gebracht, um die israelische Armee an Einsätzen in bestimmten Gebieten zu hindern. Die Mutter eines verschleppten Mannes sagte Medien zufolge, ihr Sohn werde in Gaza als menschlicher Schutzschild missbraucht.

Im Gazastreifen befinden sich noch 48 Geiseln in der Gewalt der Hamas, von denen nach israelischen Informationen noch 20 am Leben sind. Viele von ihnen befänden sich jetzt in der Stadt Gaza, hieß es in der Erklärung des Forums der Angehörigen. Ministerpräsident Netanyahu trage die persönliche Verantwortung für das Schicksal der Geiseln. "Das israelische Volk wird die Opferung der Geiseln und Soldaten nicht verzeihen", hieß es weiter.

Zahlreiche Hochhäuser zerstört

Die israelische Armee hatte in den vergangenen Tagen ihre Luftangriffe in der Stadt und ringsherum schrittweise ausgeweitet und zuletzt begonnen, zahlreiche Hochhäuser in der Stadt zu zerstören. Sie wirft der Hamas vor, dort Beobachtungsposten eingerichtet und Sprengsätze platziert zu haben. Bodentruppen schickte die israelische Armee bisher nicht in die dicht besiedelte Stadt.

US-Außenminister Rubio sagte dem Sender Fox News, der Krieg werde enden, wenn alle Geiseln ausgehändigt würden, die Hamas ihre Waffen niederlege und sich auflöse. "Im Idealfall, in einer perfekten Welt, würde man dies durch ein diplomatisches Abkommen erreichen." Dies sei jedoch nicht eingetreten.

Israel zunehmend isoliert

Israel gerät international wegen der Ausweitung des Gaza-Kriegs zunehmend in die Isolation. Nach dem israelischen Luftangriff auf die Führungsspitze der Hamas in Katar vergangene Woche forderten Vertreter aus rund 60 arabischen und weiteren islamischen Staaten bei einem Sondergipfel in Katar ein Waffenembargo gegen den jüdischen Staat. 

Nach Angaben der Hamas war die Attacke in der Hauptstadt Doha fehlgeschlagen - kein Mitglied der Delegation für die Netanyahu wollte hingegen nicht von einem Fehlschlag sprechen, vielmehr habe der Angriff eine klare Botschaft vermittelt: "Ihr könnt euch verstecken, ihr könnt weglaufen, aber wir werden euch schnappen", sagte er mit Blick auf die Hamas-Führung. 

Netanjahu bezeichnete die internationale Kritik an dem Angriff in Katar als "Heuchelei". Jedes Land habe das Recht, sich auch jenseits seiner Grenzen gegen jene zu verteidigen, die seine Bürger töten wollten.

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