Eine breite Front islamischer Staaten sucht Antwort auf Israels Angriffe

Katars Führung, Emir Tamim bin Hamad Al Thani ist der vierte von links beim Begräbnis der sechs, von israelischen Raketen auf Doha getöteten Hamas-Mitglieder
Mit Unbehagen und wachsendem diplomatischen Protest haben die arabischen und islamischen Staaten bisher auf das massive militärische Vorgehen Israels im Gazastreifen geantwortet. Doch erst die israelischen Raketen auf ein Büro der Hamas in Doha, der Hauptstadt des Golfemirats Katar, rüttelte die Staaten richtig auf: In Doha, wo vergangene Woche sechs Mitglieder der Terorrorganisation beim Angriff Israels umgekommen waren, trafen nun am Montag rund 60 Staats- und Regierungschefs arabischer und islamischer Staaten zusammen. Ihr Ziel: Eine gemeinsame Antwort auf ein zunehmend aggressiveres Israel zu finden.
„Es ist an der Zeit, dass die internationale Gemeinschaft aufhört, mit zweierlei Maß zu messen, und Israel für alle begangenen Verbrechen bestraft“, forderte der katarische Regierungschef Scheich Mohammed bin Abdulrahman al-Thani.. „Was Israel dazu ermutigt, weiterzumachen, ist das Schweigen, die Unfähigkeit der internationalen Gemeinschaft, es zur Rechenschaft zu ziehen“, fügte er hinzu.
Abraham-Abkommen in Gefahr
Zunächst sollte über einen „Resolutionsentwurf über den israelischen Angriff auf den Staat Katar“ beraten werden. Doch dahinter steht die Sorge, vor allem der Golfstaaten, dass Israel die erst seit dem Jahr 2020 neu gebaute geopolitische Ordnung in Nahost kappt und sich als regelrechte Sicherheitsbedrohung für die Region herausstellt. Von einem potenziellen Partner ist Israel wieder hin zu einem Gegner gerückt:
So hatten etwa die Vereinigten Arabischen Emirate V(VAE) und Bahrain – im Rahmen der von den USA forcierten Abraham-Abkommen - vor fünf Jahren formelle Beziehungen zu Israel aufgenommen. Saudi-Arabien und andere Staaten hatten immerhin Normalisierungsschritte zum früheren Todfeind Israel erwogen - doch die kamen nun alle zum Stillstand.
Doch aus der Sicht arabischen Staaten war Israels Angriff auf das unbeteiligte Katar nun nur noch die Spitze eines Eisberges: Immer wieder war kritisiert worden, dass Israel keinen Plan für das Ende des Krieges in Gaza habe; dass Äußerungen, die Palästinenser aus Gaza zu vertreiben, völlig inakzeptabel seien und auch dass jüngste Ankündigungen Israels, das Westjordanland zu annektieren, absolut kategorisch undenkbar seien. Saudia-Arabien hatte bereits den USA ausgerichtet: In diesem Fall werde Riad die Abraham-Abkommen niemals unterzeichnen.

Sondertreffen in Doha
Doch Israels Angriff stellt die Golfstaaten vor eine Zwickmühle, was ihre Reaktion angeht: Sollen die arabischen Staaten ihre Beziehungen zu Israel aussetzen, wie es nun Katar fordern könnte? Dabei werden nicht alle Staaten mitziehen - und damit geht wiederum die größte Hebelwirkung verloren, die die Staaten gegenüber Israel haben könnten - ihre Geschlossenheit.
Vor allem aber wirft Israels jüngster Angriff auf Doha Fragen nach der Glaubwürdigkeit der USA als Sicherheitsmacht der Region auf. Katar ist ein enger Verbündeter Washingtons, die Führung hat enge Kontakte zur Trump-Administration. Wenn die USA ihre Verbündeten nicht verteidigen und Israel nicht auf Linie halten können, so die Sorge der Golfstaaten, dann müsse wohl auch die Abhängigkeit der Golfstaaten von Washington überdacht werden.
Entsprechend ungewöhnlich rief US-Präsident Donald Trump ruft Israel zu „Vorsicht“ im Umgang mit dem Golfemirat auf: „Katar hat sich als sehr guter Verbündeter erwiesen. Israel und alle anderen, wir müssen vorsichtig sein. Wenn wir Leute angreifen, müssen wir vorsichtig sein“, sagte Trump vor Reportern. Bereits kurz nach den Angriffen hatte sich Trump kritisch geäußert. Israel hatte die US-Führung erst vom Angriff auf Doha informiert, als die Raketen bereist in der Luft waren.
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