Israel: Nicht immer Milch und Honig

Israel: Nicht immer Milch und Honig
75 Jahre Israel: Die sehr persönlichen Erinnerungen des legendären früheren KURIER- Außenpolitik-Chefs und Nahost-Reisenden Heinz Nussbaumer vom Sechs-Tage-Krieg.

Von Heinz Nussbaumer

Mai 1964, vor 59 Jahren: Meine erste Israel-Reise. Begeistert schreibe ich, kaum 21-jährig, über eine Auferstehung aus dem Inferno: „Gibt es noch irgendwo sonst einen so geschichtsgetränkten Boden, ein so gepeinigtes, an seinem Schicksal gereiftes Volk?“. Was ich damals nicht weiß: In Wien liest der große Hugo Portisch meine Reiseberichte in einer Salzburger Zeitung mit. Zwei Jahre später bin ich Teil „seiner“ KURIER-Außenpolitik – und Portisch schickt mich 1967 in den „Sechs-Tage-Krieg“ Israels mit den Arabern.

Meine Kriegsangst spürt er – und lässt mich ein Telefonat mit einem seiner Freunde mithören, dem Chef der 6. US-Flotte im Mittelmeer. Erleichtert höre ich: Sollte der Kampf bitterernst werden – Amerikas Navy würde mich herausholen. Was bin ich doch stolz auf meinen Chef!

Es wird ernst – aber unerwartet bin ich aufseiten der Sieger, trotzdem von Toten umgeben; sehe die in der Sinai-Wüste zerrinnenden Soldaten Ägyptens, die endlose Prozession verglühender Panzer, die Fahnen der Kapitulation in den arabischen Dörfern. Und vor Bethlehem erlebe ich bestürzt den Verlust der eigenen Moral: Gemeinsam mit einer Handvoll Kriegsberichtern plündern wir ein Geschäft mit tönernen Wasserkrügen. Seither frage ich mich, ob ich mich in Zeiten der Rechtlosigkeit wirklich bewähren würde.

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