Iranische Demonstrantin: "Wir wollen ein völlig neues Land"

Iranische Demonstrantin: "Wir wollen ein völlig neues Land"
Die Proteste im Iran verlegen sich an die Universitäten. Eine Studentin erzählte dem KURIER von der Lage vor Ort.

Bevor Gisou Abdi* an ihre Universität fährt, packt sie Ersatzkleidung ein. Sie trägt ein großes Paar Sonnenbrillen, der Rest ihres Gesichts ist von einer FFP2-Maske bedeckt. Tausende Kollegen tun es der iranischen Studentin gleich, wenn sie sich in diesen Tagen um zehn Uhr vormittags am Campus der Ferdowsi-Universität im nordöstlichen Maschhad versammeln, um stundenlang für ihre Rechte zu protestieren.

Wenn sie fertig sind, zieht Gisou sich rasch hinter einem Busch um, damit sie nicht erkannt wird. Denn mit dem Verlassen des Universitätsgeländes wächst die Gefahr, von der Polizei verhaftet und verletzt zu werden.

Seit dem Tod der jungen Kurdin Mahsa Amini, die Mitte September nach ihrer Festnahme durch die Sittenpolizei ums Leben kam, weil sie ihr Kopftuch angeblich nicht den Regeln entsprechend getragen hatte, herrscht im Iran Ausnahmezustand – auch wenn das in den Staatsmedien ganz anders erscheint. „Meine Verwandten am Land wissen nichts von den Protesten hier. Wie auch? Sie schauen fern“, erzählt Gisou Abdi und seufzt.

Der KURIER erreicht die 27-jährige Wirtschaftsstudentin Dienstagabend per Skype. Immer wieder bricht die Verbindung ab – kein Wunder: Die Regierung unter Ayatollah Ali Khamenei blockiert seit Beginn der Proteste gern das Internet.

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