USA greifen Iran an: Kommt jetzt der ganz große Krieg?

President Trump in Situation Room of White House
Warum Trump sich in den Israel-Iran-Krieg einmischt, wie der Iran jetzt antworten könnte und was das alles für die NATO bedeutet.

Dass die USA unter Präsident Donald Trump in der Nacht auf Sonntag zur Unterstützung Israels in den Krieg gegen den Iran eingegriffen haben, verändert die Dynamik des Konflikts völlig, hebt ihn auf eine internationale Ebene – und könnte katastrophale Folgen für die USA, den Nahen Osten und womöglich auch den Rest der Welt haben. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was ist passiert? 

Die USA haben mit B-2-Bombern und Marschflugkörpern mehrere wichtige Atomanlagen im Iran bombardiert, darunter die unterirdische Uran-Anreicherungsanlage Fordow sowie die Standorte Natanz und Isfahan. Generalstabschef Dan Caine, Vorsitzender der Joint Chiefs of Staff, gab am Sonntag bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus Einblicke in den genauen Verlauf der Operation, die unter dem Codenamen „Midnight Hammer“ lief. 

Demnach begann sie bereits in der Nacht auf Samstag, als mehrere B-2-Bomber von einem Stützpunkt in Missouri aus starteten. Sie sollen über ein Dutzend Massive Ordnance Penetrator Bombs auf Fordo und Natanz abgeworfen haben. Auf Isfahan wurden Tomahawk-Raketen abgefeuert. Auch ein Ablenkungsmanöver – zusätzliche Bomber als „Lockvögel“ – soll es gegeben haben. Die Anlagen seien komplett zerstört worden, sagte Trump – und warnte den Iran sogleich vor weiteren Attacken, sollte er nun nicht einlenken.

Warum hat Trump das gemacht? 

Schon einige Tage lang stand im Raum, dass Trump der israelischen Regierung unter Premier Benjamin Netanjahu bei den seit 13. Juni laufenden, schweren Angriffen gegen den Iran zur Hilfe kommen könnte. Die beiden wollen vor allem eins: Dass der islamische Gottesstaat, ihr gemeinsamer Feind, niemals die Atombombe besitzt. Trump hat den Iran, wie schon während seiner ersten Amtszeit, zum Schwerpunkt seiner US-Außenpolitik gemacht. Nach dem Start seiner zweiten Präsidentschaft wollte er es noch auf diplomatischem Wege versuchen und mit dem Mullah-Regime über dessen Atomprogramm verhandeln, was dieses aber ablehnte. 

Zur Erinnerung: Es war Trump, der 2018 die wenige Jahre zuvor in Wien mühsam ausgehandelte Iran-Nuklearvereinbarung aufkündigte – weil diese ihm nicht gut genug war. Seither wusste die Internationale Staatengemeinschaft nicht, wie nah der Iran an der Fertigstellung einer Nuklearbombe war. Teheran dürfte zuletzt immer mehr dafür nötiges Uran angereichert haben und nicht mehr weit davon entfernt gewesen sein, sagen Experten. 

Die jetzigen US-Schläge sollen den Weg des Iran zur Atombombe wieder um Jahre verlängert haben – obwohl nicht klar ist, wie viel vom Programm wirklich noch übrig ist und ob der Iran nicht noch irgendwo völlig geheime Anlagen besitzt. 

Israel hat bereits öfter versucht, die USA zu diesem Schritt zu bewegen. Denn um die tief unter der Erde liegenden Atomanlagen zu erreichen, brauchte es eben jene „Bunkerbrecher“-Megabomben, welche Israel nicht, die USA aber schon besitzen.

Aber Trump wollte sich doch in keine Kriege einmischen? 

Das hat er jedenfalls im Wahlkampf immer wieder behauptet und das ist auch ein Grund dafür, warum er gewählt wurde. Mit den Angriffen auf den Iran ist er nicht nur ein großes Sicherheitsrisiko eingegangen, sondern dürfte auch innenpolitisch an Rückhalt verlieren. 

In seiner MAGA-Machtbasis waren viele klar dagegen, sich in den Krieg einzumischen. Die schlechten Erinnerungen an die Einsätze der US Army in Afghanistan und dem Irak, bei denen Tausende Soldaten gestorben sind und die ganze Generationen langfristig traumatisiert haben, sind auch in den Köpfen der Bevölkerung nach wie vor präsent. 

Sollte der Iran von den Attacken tatsächlich so sehr eingeschüchtert sein, dass er einlenkt und bezüglich seines Programms große Zugeständnisse machen, wäre das umgekehrt natürlich ein Riesenerfolg für Trump. Und einen solchen braucht bzw. will er – hat er es doch schon nicht geschafft, den Krieg in der Ukraine in 24 Stunden zu beenden, wie er es im Wahlkampf versprochen hatte. 

Trumps selbstgezeichnetes Image als der taffe Mann, der weltpolitisch mit harter Hand durchgreift und mit seinen eigenen radikalen Regeln statt mit Diplomatie, wie man sie bisher kannte, das aus seiner Sicht Beste für die Amerikaner herausholt, bröckelte. Die Proteste im eigenen Land gegen ihn und seine strengen Einwanderungsbehörden setzten ihn vermutlich zusätzlich unter Druck.

Was macht der Iran jetzt? 

Das ist die große und erstmal alles entscheidende Frage. Irans geistiges und politisches Oberhaupt, der „Oberste Führer“ Ayatollah Ali Khamenei, hatte schon gedroht, bevor die US-Bomben tatsächlich fielen: Eine Einmischung in diesen Krieg würde „unwiederbringlichen Schaden“ für die USA bedeuten. Experten zufolge ist nun mit einem iranischen Vergeltungsschlag zu rechnen. Wie ein solcher aussehen und wann er kommen könnte, ist schwer zu sagen. 

Besonders in Gefahr sind jedenfalls jene gut 40.000 US-Soldaten, die auf Stützpunkten in der Region – etwa auch im Irak, Bahrain, Katar und Kuwait – stationiert sind. Aber auch diplomatische Vertretungen wie US-Botschaften und Konsulate könnte es womöglich treffen. Oder auch Zivilisten, die sich noch immer vor Ort aufhalten. Denkbar sind direkte iranische Terroranschläge oder auch Cyberangriffe, aber auch die Milizen, die der Iran in der Region seit jeher unterstützt, könnten zuschlagen. 

Nicht nur für die USA, sondern den gesamten Welthandel, wäre eine andere Maßnahme katastrophal: Wenn der Iran als Reaktion die Engstelle „Straße von Hormus“, über die rund 20 Prozent des weltweiten Flüssiggasverbrauchs und täglich 3,18 Milliarden Liter Öl transportiert werden, schließt. Die Preise würden sofort steigen.

Was bedeutet das für die NATO? 

Seit die USA eingegriffen haben, ist der Krieg kein rein regionaler mehr. Und die Sorge, dass es zu einem umfassenden Flächenbrand kommt – also nicht mehr zu begrenzten und kontrollierten Schlägen, sondern einer chaotischen Eskalation, in die womöglich sogar andere NATO-Staaten und Mächte hineingezogen werden könnten – ist jetzt größer denn je. 

Dass im Falle einer militärischen iranischen Vergeltung der NATO-Bündnisfall laut dem berühmt-berüchtigten Artikel 5 des Nordatlantikvertrags greift, also die restlichen NATO-Staaten den USA Beistand leisten würden („Wenn ein Mitgliedstaat angegriffen wird, wird dies als Angriff auf alle NATO-Mitglieder gewertet“), ist zu diesem Zeitpunkt aber äußerst unwahrscheinlich. 

Einerseits, weil die USA zuerst angegriffen haben. Die Attacke sei „eindeutig rechtswidrig“ gewesen, zitierte die Deutsche Presse Agentur am Sonntag den Völkerrechtsexperten Jochen von Bernstorff dazu. Weder die USA noch Israel könnten sich demnach auf das Argument der Selbstverteidigung berufen. Die Amerikaner hätten somit kein Recht zur militärischen Unterstützung der israelischen Angriffe.

Überhaupt müssten alle NATO-Mitglieder einen Angriff anerkennen, Artikel 5 wird nicht automatisch ausgelöst. In Europa wünscht man sich zwar auch das Ende des iranischen Atomprogramms, pocht jedoch nach wie vor auf eine diplomatische Lösung und ruft weiterhin zur Deeskalation auf. 

Zusätzlich unwahrscheinlich macht den Bündnisfall, dass der Iran wohl eher keine Ziele in den USA selbst angreifen würde – wie die Al-Kaida bei den 9/11-Terroranschlägen 2001, als zum bisher einzigen Mal in der Geschichte die NATO-Beistandspflicht aktiviert wurde –, sondern eben Basen in der Golfregion. Schon 2020, nachdem die USA den iranischen Revolutionsgarden-Kommandanten Qassem Soleimani getötet hatten, griff der Iran die US-Militärbasis Ain al-Assad im Irak an.

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