Iran: Die Mullahs signalisieren Einlenken
Ist es tatsächlich der erste Schritt zu Reformen oder doch nur ein taktischer Zug, um den Zorn der Demonstranten zumindest vorübergehend zu besänftigen. Nach mehr als zwei Monate andauernden Massenprotesten im Iran mit Hunderten Toten, hat die erzkonservative Regierung unter Präsident Ebrahim Raisi erstmals mit politischen Maßnahmen reagiert. So soll ein Untersuchungsausschuss die Umstände jenes Verbrechens aufklären, das zum Zündfunken für die Protestbewegung wurde, die das Mullah-Regime trotz des Einsatzes brutaler Polizeigewalt weiter unter Druck setzt: Der Tod der 22-jährigen Kurdin Mahsa Amini, nachdem sie von der Polizei verhaftet worden war – wegen der Haarsträhnen, die ihr Kopftuch nicht bedeckte.
Dieser Untersuchungsausschuss soll nach dem Willen des Mullah-Regimes allerdings ohne Vertreter der Demonstranten oder andere Kritiker der politischen Verhältnisse stattfinden. Auch Vertreter der zahlreichen politischen Parteien im Land sind ausgeschlossen.
Innenminister Ahmad Wahidi erklärte, die Protestbewegung habe ohnehin keine ernsthaften Vertreter, „außerdem hatten wir es mit Krawallmachern und Unruhestiftern und nicht Demonstranten zu tun“. In Sozialen Medien sprechen Mitglieder der Protestbewegung daher von einer absurden Maßnahme. Wie solle man ohne Vertreter der Demonstranten ein konstruktives Ergebnis erzielen. Raisi hatte bereits vor Wochen öffentlich ein derartiges Gesprächsforum angedacht, um die Stimmung im Land zu entspannen.
Ende der Sittenwächter
Zeitgleich mit dem Untersuchungsausschuss hat das Regime eine weitere Maßnahme angekündigt. Die Sittenpolizei soll aufgelöst werden, oder ist es offiziell bereits. Damit ist jene berüchtigte Einheit Geschichte, die für die Verhaftung Mahsa Aminis verantwortlich war und mit der die unzählige junge Iraner bereits sehr unangenehme Erfahrungen gemacht haben.
Kussverbot kontrolliert
Diese Sittenwächter sind in Städten etwa in Parkanlagen eingesetzt, oder führen überraschende Kontrollen in Lokalen durch. Entdecken sie etwa ein Pärchen, das sich in der Öffentlichkeit küsst, setzt es eine Strafe und oft sogar Prügel. Sie sind auch für die Einhaltung des Kopftuchverbotes zuständig, das der jungen Kurdin zum Verhängnis wurde. Allein die Auflösung der Einheit aber, meinen Kritiker in Sozialen Medien, sei bestenfalls ein erster Schritt. Die Sittenwächter seien nicht das eigentliche Problem, sondern der Kopftuchzwang: „Frauen müssen überall ohne Kopftuch verkehren können.“
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