Milliardenaufträge
Auf wirtschaftlicher Seite etwa: 400 Milliarden Dollar an Aufträgen dürfte der irakische Staat in kommenden Jahren vergeben. Nicht ohne Grund sind zehn österreichische Unternehmen, vom Maschinenbau über Kommunikationstechnologie bis hin zur Bereitstellung von medizinischer Einrichtung in der österreichischen Delegation vertreten, die Schallenberg begleitet. „Wir sind optimistisch, dass der Wiederaufbau unseres Landes auch mit der Unterstützung durch österreichische Unternehmen gelingen wird“, sagt der irakische Außenminister Fuad Hussein auf einer Pressekonferenz mit Schallenberg.
Der österreichische Chefdiplomat eröffnete am Dienstagnachmittag die Botschaft im Irak wieder neu, nachdem sie 1991 geschlossen worden war. Vorerst aus Sicherheitsgründen in einem Hotelzimmer untergebracht, sind es nur wenige Quadratmeter, auf denen Österreich vertreten ist. Dennoch sieht dies Schallenberg als „historisches Kapitel“ in den Beziehungen beider Länder. „Österreich ist wieder zurück in Bagdad. Es gehört zu einer der schönsten Aufgaben eines Außenministers, eine Botschaft zu eröffnen“, sagt Schallenberg. Er lobt die „Stabilität des Landes“, es sei „beeindruckend, was hier in den letzten zwei Jahren gelungen ist“.
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Dass sich die Situation im Land zwar verbessert hat, doch nach wie vor fragil ist, zeigen die zahlreichen Plakate des 2020 von den USA getöteten iranischen Generals Qassem Soleimani, die ganze Kreisverkehre dominieren.
Der Einfluss des benachbarten Iran auf den Irak steigt nach wie vor. Proiranische Milizen sind reichlich im Land vertreten. Gleichzeitig sind die Schiiten in der Frage der Unterstützung des schiitischen Gottesstaats Iran gespalten. Das irankritische Lager, angeführt vom Kleriker Muqtada as-Sadr, verfügt etwa über ein Mobilisierungspotenzial von 150.000 Mann. Das zeigen die breiten Proteste nach den Koranverbrennungen in Schweden.
„Von as-Sadr hängt ab, ob der Irak sich weiterentwickeln wird, oder es zu neuen Spannungen kommt“, sagt ein Sicherheitsanalyst. Auch im Sicherheitsbereich will Österreich seinen Beitrag leisten: Im Herbst dürfte die Entsendung von bis zu zehn Soldaten des Österreichischen Bundesheeres zur NATO-Ausbildungsmission im Irak nur noch Formsache sein. Dazu unterzeichnen Österreich und der Irak ein bilaterales Abkommen zur Vertiefung der Polizeikooperation. „Um das Abkommen schnell mit Leben zu erfüllen, werden wir uns mit unseren irakischen Kollegen regelmäßig abstimmen“, sagt Bundespolizeidirektor Michael Takàcs, der ebenfalls mitgereist ist.
Klimawandel
Ein weiteres Problem im Irak ist der Klimawandel, beziehungsweise die Wasserversorgung: Der Spiegel des Flusses Tigris sinkt massiv – nicht nur wegen der extremen Hitze (Höchsttemperaturen von bis zu 50 Grad), sondern auch, weil die Türkei die Wasserversorgung des Irak drosselt.
Geht diese Entwicklung weiter, rechnet man damit, dass in Zukunft nur noch 15 Prozent der Iraker Zugang zu sauberem Wasser haben werden. Derzeit sind es 60. Dazu kommt, dass sich die Bevölkerung bis 2050 auf 87 Millionen Einwohner verdoppelt haben wird.
In Hinblick auf illegale Migration sieht Schallenberg die Eröffnung der Botschaft in Bagdad als Erfolg: Es sei bereits ein Rückübernahmeabkommen unterzeichnet worden. Damit habe sich die Zahl der Rückführungen von irakischen Staatsbürgern, die in Österreich kein Anrecht auf legalen Aufenthalt haben, in den Irak fast „verzwanzigfacht“, rechnete der Außenminister vor, um die Angaben in Folge etwas zu relativeren. Die Zahl der Rückführungen sei von einer Person („oder zwei“) auf 18 gestiegen. Die Präsenz österreichischer Unternehmen vor Ort trage außerdem dazu bei, „dass junge Iraker eine Perspektive haben, im Land bleiben und arbeiten können“.
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