Iowa: Nahkampf zwischen Kuhstall und Kirche

Donald Trump in die Scheune
US-Vorwahlkampf in Iowa: Der Caucus eröffnet ein Rennen, in dem vorerst die Randfiguren dominieren.

Sie stolpern in Halbschuhen durch Kuhställe oder Bowlingbahnen, sitzen brav und andächtig in der Kirche und müssen Unmengen an Schweinskotelett und Maisbrot verdrücken: Wenn morgen, Montag, der Caucus in Iowa den Reigen der US-Vorwahlen eröffnet, haben sämtliche Präsidentschaftswerber harte Wochen auf den vereisten Landstraßen des Mittleren Westens hinter sich.

Denn seit Jimmy Carter, selbst Farmer, in Iowa auf dem Fahrrad von Bauernhof zu Bauernhof tingelte und so zum Sprung ins Weiße Haus ansetzte, gilt es in der US-Politik als Grundregel: Iowa hat entscheidende Signalwirkung für den ganzen Präsidentschaftswahlkampf. "Wer nicht mindestens Dritter in Iowa wird, kann nicht Präsident werden, das zeigt die Geschichte", macht der US-Meinungsforscher Patrick Murray die Rolle des kleinen Agrarlandes im US-Mittelwesten deutlich.

Iowa: Nahkampf zwischen Kuhstall und Kirche
Und um in Iowa zu punkten, sollte man zumindest einem Gutteil seiner gerade einmal drei Millionen Einwohner die Hand geschüttelt haben. Denn in dieser bäuerlichen und christlich geprägten Welt zählt der persönliche Kontakt weit mehr als Fernsehen und soziale Medien. Man braucht Nahkampf-Qualitäten, darf sich weder vor Landwirtschaftsmessen mit brüllenden Stieren und Tortenwettverkosten scheuen noch vor Auftritten in Pubs. Dort muss man geduldig zuhören, wenn ältere Schweinebauern in Gummistiefeln und mit dem Bierglas in der Hand einem erklären, warum man in Washington Iowa nicht versteht – und natürlich umgekehrt.

Eine Predigt für Trump

Doch es geht nicht nur um Landwirtschaft und Politik, sondern auch um den Glauben. Fast zwei Drittel der Menschen in Iowa sind tief religiös und regelmäßige Kirchgänger. Also musste sogar der zum dritten Mal verheiratete und auch sonst nicht gerade für seine puritanische Lebensführung bekannte Donald Trump in die Sonntagsmesse und bekam dort von der örtlichen Pastorin eine ziemlich harte Moralpredigt über seine wenig christliche Haltung in der Flüchtlingsfrage. Jesus sei mit den Schwächsten, und das seien eben die Flüchtlinge aus Syrien und die Migranten aus Mexiko, donnerte es von der Kanzel.

Trump, sonst mit Grobheiten nie sparsam, gab sich ganz bescheiden: Er wisse zwar nicht, ob die Pastorin ihn direkt angesprochen habe, aber er werde darüber nachdenken.

Der Milliardär hat allen Grund sich gläubig zu geben. Sein derzeit wichtigster Herausforderer bei den Republikanern, der Texaner Ted Cruz, ist ein fast schon fanatischer Evangelikaler. Gegen Abtreibung, gegen Homo-Ehe, ja sogar gegen Verhütungsmittel: Das sind Überzeugungen, die Cruz seit jeher vertritt, und das verleiht ihm bei Iowas religiösen Wählern Glaubwürdigkeit.

Bill ist immer dabei

Wenn Trump in Iowa seinen Glauben entdeckt, findet Hillary Clinton ein neues Feindbild: Gierige Großkonzerne und ihre Steuertricks. Die ehemalige Außenministerin und Ex-First Lady wettert bei ihren Auftritten gegen "Firmen, die wir mit unserem Geld gerettet haben und die jetzt ihr Geld in einem Steuerparadies verstecken."

Für Hillary ist kein Pub zu klein, keine Bowlingbahn zu laut, um sich unter die Leute zu mischen. Die Sicherheitsleute, sonst bei den Clintons omnipräsent, bleiben im Hintergrund. Ehemann Bill ist dafür fast jeden Tag dabei. Haben die Umfragen doch ergeben, dass er immer noch beliebter ist als seine Frau.

Dass Hillary sich so betont links und bodenständig gibt, ist ebenfalls den Umfragen geschuldet. Denn Herausforderer Bernie Sanders ist ein überzeugter Anhänger der europäischen Sozialdemokratie, samt Krankenversicherung, Kündigungsschutz und Pensionsberechtigung für jedermann. Damit hat der lange als krasser Außenseiter abgetane, 74-jährige Senator vor allem bei jungen linken Amerikanern gepunktet. Inzwischen liegt er in Iowa in Umfragen Kopf an Kopf mit Hillary. Doch auch das heißt in diesem Caucus nicht allzu viel. Schließlich wird ja am Montag nicht einfach abgestimmt, sondern zuvor stundenlang diskutiert: In Schulen, Feuerwehrhäusern, Kirchen, an insgesamt 1700 Plätzen im ganzen Land. Was zuletzt dabei herauskommt, an tatsächlichen Stimmen für jeden Kandidaten, entscheidet sich oft erst in den abendlichen persönlichen Debatten – ganz, wie man in Iowa eben Politik macht.

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