Tschechiens Finanzminister: "EU-Regeln gelten für alle"

Als Unternehmer ist Babis an strenge Rechnung gewöhnt: Als Finanzminister will er Budgetdisziplin durchsetzen, auch in der EU.
Tschechiens Finanzminister Andrej Babis hat kein Verständnis für griechische Sonderwünsche.

Der 60-jährige Multimillionär und Unternehmer Andrej Babis ist seit dem Vorjahr Tschechiens Vizekanzler und Finanzminister. Aktuelle Umfragen weisen den Quereinsteiger als den mit Abstand beliebtesten Politiker des Landes aus, und seine Bewegung "Ano" – bei den Wahlen noch Zweite hinter den Sozialdemokraten – an der Spitze der Parteienlandschaft.

KURIER: Wie beurteilen Sie den aktuellen Konflikt um Griechenlands Schulden?

Andrej Babis: Die neue Regierung muss alle Verpflichtungen übernehmen. Es ist nicht möglich, dass ein Land seine Verpflichtungen nicht respektiert. Jemand muss denen sagen: Der Wahlkampf ist zu Ende. Sie müssen respektieren, was mit den Gläubigern vereinbart wurde. Das ist eine Frage von Prinzipien. Wenn man Schulden hat, muss man sie zurückzahlen.

Griechenland argumentiert mit seinen schweren sozialen und wirtschaftlichen Problemen.

Die Renten im Euro-Land Slowakei sind die Hälfte von denen in Griechenland. Alle Länder in Europa haben Leute, die Geld brauchen. Trotzdem müssen gleiche Regeln für alle gelten. Man kann jetzt keinen Präzedenzfall schaffen. Man hat ja schon 2012 Dutzende Milliarden an griechischen Krediten storniert.

Hält Tschechien unter diesen Umständen am Ziel fest, der Euro-Zone beizutreten?

Der Euro ist derzeit für uns kein Thema. Wir, die neue Regierung, haben diesen Staat in ganz schlechtem Zustand übernommen. Wir sind einfach noch nicht vorbereitet. Wir haben andere Aufgaben, als den Euro einzuführen. Unsere Bewegung hat immer gesagt, wir wollen nicht die Steuern erhöhen, wir wollen sie kassieren. Das heißt, derzeit kämpfen wir vor allem gegen die nicht bezahlte Mehrwertsteuer. Es gäbe gute Gründe, der Eurozone beizutreten, es gibt aber auch Gründe, es nicht zu tun: Die Haftungen für Kredite etwa. Auch wäre die tschechische Nationalbank nicht mehr unabhängig.

25 Jahre nach der Wende sind Politik und Politiker in Tschechien unpopulärer denn je. Warum dieser Absturz?

Hauptgrund ist, dass die Leute nach der Wende erwartet haben, dass die Freiheit kommt und die Demokratie. Und dass die Politiker für die Menschen arbeiten werden, aber sie haben weiter für sich selbst gearbeitet.

Und wie sehen Sie die Politik im Jahr nach Ihrem Einstieg?

Es geht alles sehr langsam. Wir sitzen jetzt in einer Regierung (mit den Sozialdemokraten, Anm.) mit Leuten, die wir zuvor kritisiert haben. Wenn ich in meiner Firma jedes Jahr Geld verliere, dann werde ich pleite gehen, dazu brauche ich keine Anweisung aus Brüssel. Ich brauche ein ausgeglichenes Budget, das ist mir klar. Ich kann es aber nicht durchsetzen, denn mein Koalitionspartner will immer ausgeben und ausgeben. Das ist eben ein Kampf. Das Land hatte nie eine Strategie, nie ein Konzept, für Bildung, Gesundheit, Energie. Man hat viele Studien, Kommissionen, Sitzungen. Aber man muss einfach entscheiden und dann die Vorgaben erfüllen. Die Politiker, die reden über alles, aber das Ergebnis ist schwer zu finden.

Wie ließe sich das ändern?

Man kann viel erreichen als Politiker, aber dafür braucht man ein anderes Wahlrecht, wie etwa in den USA, in dem eine Partei die Verantwortung übernimmt, das Land managt und die Opposition kontrolliert und kritisiert. In einer Koalition gibt es ständig nur Kompromisse.

Wie wollen Sie das traditionell schwierige Verhältnis Tschechiens zur EU, aber auch zu Österreich verbessern?

Es ist eine Schande für Tschechien, dass wir 25 Jahre nach der Wende keinen Autobahnanschluss nach Wien oder Linz haben, dass der Zug von Prag nach Wien viereinhalb Stunden braucht. Das müssen wir alles nachholen. Die Regierung versucht jetzt eine andere Politik zu machen als früher, als wir gegenüber Brüssel grundsätzlich negativ eingestellt waren.

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