„Snowden sollte in die USA zurückkehren“

Alexa Wesner, neue US-Botschafterin in Wien, möchte Snowden vor Gericht sehen.
US-Botschafterin Alexa Wesner über den NSA-Whistleblower, Freundschaft und ihren neuen Job

Straffreiheit für den Whistleblower Edward Snowden, wie es erstmals sogar Stimmern innerhalb der NSA fordern? Undenkbar für das Weiße Haus. Auch die neue amerikanische Botschafterin in Wien, Alexa Wesner (41) folgt dieser Linie.

KURIER: Sollte Edward Snowden Amnestie erhalten?

Alexa Wesner: Snowden hat unsere gesamte Sicherheit in Gefahr gebracht. Er sollte in die USA zurückkehren und sich einem Gericht stellen. Er wird ein gerechtes Verfahren bekommen. Präsident Obamas Erlass sorgt dafür, dass Leute, die den normalen Rechtsweg beschreiten, geschützt sind. In den USA gibt es Gesetze zum Schutz von Whistleblowern, man kann also auch als Mitarbeiter eines Geheimdienstes seine Bedenken auf eine legale und produktive Weise äußern, ohne Bestrafung fürchten zu müssen.

Für viele Menschen, besonders in Europa, ist Snowden ein Held.

Ich glaube, dass es in den USA und in der EU Menschen gibt, die ihm applaudieren, aber auch solche mit der gegenteiligen Meinung. Berühmt sein und ein Held sein, das sind zwei verschiedene Dinge. Helden sind oft Agenten der Veränderung, aber sie erwirken diese Veränderung auf eine produktive Weise, die der Sicherheit und der Gesellschaft keinen Schaden zufügt.

Werden Snowdens Enthüllungen die US-Geheimdienstpraxis verändern?

Präsident Obama hat eine Untersuchung aller Geheimdienste angeordnet. Dabei wird deutlich, dass sie nicht das Recht haben, alles zu tun, nur weil sie dazu in der Lage sind und weil sich die Technik so rasant entwickelt hat. Es wird also Empfehlungen für Veränderungen geben. Das Thema ist die Balance zwischen Sicherheit und Privatsphäre – diese Debatte läuft auf beiden Seiten des Atlantiks. Die Frage ist, wie können wir das zusammen managen. Die USA und Europa sind nicht verschieden. Wir haben gemeinsame Werte, wir sind vor allem einmal Freunde.

Was verbindet die USA und Österreich?

Wir haben eine lange Tradition an diplomatischen, kulturellen und persönlichen Beziehungen. Manchmal haben wir verschiedene Arten, die Dinge anzugehen, aber Ziele und Werte sind die gleichen. Jede Freundschaft hat ihre Hochs und Tiefs, aber da muss man gemeinsam durch. So viele Dinge liegen vor uns, auf die wir uns konzentrieren müssen, etwa das Freihandelsabkommen. Schon jetzt umfasst der Austausch von Waren und Dienstleistungen zwischen der EU und den USA sechs Milliarden pro Tag. Wenn dieses Abkommen abgeschlossen sein wird, kommen in fünf Jahren 125 Milliarden dazu.

Welche persönliche Note wollen Sie Ihrer Rolle als Botschafterin geben?

Es gibt die Dinge, wo man als Botschafter wirklich etwas voranbringen kann, die einem persönlich wichtig sind – für mich ist das das Unternehmertum. Österreich ist vor allem als Plattform für Osteuropa wirklich spannend. Ich will etwas zur positiven Stimmung für Unternehmen hier beitragen und auch von ihnen lernen. Ich will Leute aus Österreich und den USA, Investoren, zusammenbringen. Ich liebe meinen neuen Job, und ich liebe es, hier zu sein. Und ich habe gesehen: Es ist gar kein so großer Unterschied, ein Unternehmen oder eine Botschaft zu führen.

Nach all den jüngsten Streitpunkten zwischen Europa und den USA – sind die USA noch immer ein Traumland?

Amerika gab mir die Chance, meine Träume zu erfüllen. Es gibt viele Freiheiten und Möglichkeiten in den USA. Ich hatte Zugang zu sehr guten öffentlichen Schulen. Und als ich nach Austin zog, gab es dort diesen Gründergeist, eine Offenheit Unternehmen aufbauen zu können. Meine Risken wurden belohnt. Aber ja, ich glaube, dass für viele Leute die USA nach wie vor eine Wunschdestination sind.

Wie erleben Sie Wien?

Es ist erstaunlich und berührt mich mehr, als ich erwartet hätte. Die Architektur in Wien ist großartig, innerhalb dieser Mauern kann man überall Geschichte spüren. In Texas haben wir das nicht. Dort wird schon als alt angesehen, was auch nur 40 Jahre alt ist.

Zur Person: Alexa Wesner

Neo-Diplomatin mit Unternehmergeist Für die Bewachung der neuen US-Botschafterin müssen die Personenschützer der Cobra ganz schön Gas geben. Denn wenn die ehemalige Spitzen-Triathletin joggen geht, was sie auch in Wien oft und gerne tut, haben die Sonderpolizisten zu tun, mit Alexa Wesner (41) mitzuhalten. Bis zu vier Stunden täglich habe sie früher trainiert, erzählt die gertenschlanke Botschafterin im KURIER-Interview.

Die in Virginia aufgewachsene Tochter einer Deutschen und eines Litauers legte nach ihrem Biologie-Studium in Stanford eine Blitzkarriere als mehrfach erfolgreiche Unternehmensgründerin hin. Als Spendensammlerin für die Demokraten im überwiegend republikanischen Texas war Wesner ebenfalls so erfolgreich, dass ihr Präsident Barack Obama persönlich den Botschafterposten in Wien anbot. Die dreifache Mutter musste nicht lange überlegen: „Es gibt keine größere Ehre, als seinem Land zu dienen.“ Ihre Kinder Natalie Keep (8), Tennyson (4) und Livia (2) sowie ihr Mann Blaine, Investor und Unternehmer, kamen mit nach Wien.

Zeit zum Sport bleibt Botschafterin Wesner jetzt kaum noch. „Ich war schon drei Tage nicht Laufen“, gesteht sie und lächelt, „ich hoffe, das wird keine Gewohnheit.“

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