Internationale Pressestimmen zur Rückeroberung von Mossul

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Nach der Großoffensive der irakischen Armee in Mossul steht das Leben von 1,5 Millionen Zivilisten auf dem Siel.

Zeitungen schreiben am Dienstag zum Kampf um die Vertreibung der IS-Terroristen aus Mossul:

"Selbst der beste Schlachtplan leidet an Unsicherheiten. Niemand weiß genau, wie die IS-Terroristen reagieren. Ob sie versuchen, sich unter der Zivilbevölkerung zu verstecken, ob sie sich selbst in die Luft jagen oder ob ihre Sympathisanten in Europa und in den USA nun zur Ablenkung Terroranschläge auszuführen werden.

Doch wenn die Zurückeroberung von Mossul dazu beiträgt, diesen gefährlichen Feind der Zivilisation zu schwächen, wird sie als bedeutender Sieg betrachtet werden. Die Stadt war zu einem Symbol sowohl für Verwirrung innerhalb der irakischen Regierung als auch für anmaßende Überheblichkeit des IS-Anführers Abu Bakr al-Bagdadi geworden, der von Mossuls Großer Moschee das sogenannte Kalifat ausrief. Ein Sieg würde die Fähigkeit des Westens bestätigen, in einer Koalition mit Iraks Streitkräften und den Kurden das Blatt zu wenden."

"Eine Sache sollte inzwischen klar sein: Der IS hat die taktische Fähigkeit zu überraschen. Das Leben von etwa 1,5 Millionen Zivilisten steht auf dem Spiel. Sie sind mit der trostlosen Entscheidung konfrontiert, ihr Leben zu riskieren, indem sie während der Kämpfe in Mosul bleiben oder indem sie die ebenso gefährliche Flucht versuchen.

Hilfsorganisationen sind anscheinend unzureichend auf den Exodus von Flüchtlingen vorbereitet, der sich nun abspielen könnte. Die Regierungstruppen müssen demonstrieren, dass sie in zurückeroberten Gebieten Recht und Ordnung durchsetzen und weitere religiöse Spannungen verhindern können. Und sie müssen zeigen, dass sie Flüchtlinge vor Übergriffen schützen können. Frühere Erfahrungen sind schrecklich. Vom Iran unterstützte schiitische Milizen, die Regierungstruppen begleiteten, haben Sunniten, die innerhalb von IS-Gebieten lebten - egal ob Zivilisten oder nicht - oft als fünfte Kolonne des IS behandelt. In Mosul muss die irakische Regierung ihr Versprechen erfüllen, die Schiiten-Milizen draußen zu halten."

Neue Zürcher Zeitung

"Der Fall Mosuls dürfte den IS im Mark treffen. Es ist die größte Stadt, die sich noch in seinen Händen befindet. Hier hatte der IS-Führer Abu Bakr al-Bagdadi im Juni 2014 das Kalifat ausgerufen. (...) Eine Niederlage des IS in Mosul würde indes weder das Ende der islamistischen Ideologie noch das des sunnitischen Widerstands im Irak bedeuten. Um diesen im Zweistromland den Nährboden zu entziehen, muss die schiitisch dominierte Regierung in Bagdad den Sunniten die Hand für eine politische Aussöhnung reichen. Auch der Konflikt mit den Kurden lässt sich nur durch den Willen zu schmerzhaften, aber pragmatischen Kompromissen lösen. Ob eine solch positive Wende im Irak möglich ist, wird aber ebenfalls von der Bereitschaft der USA abhängen, mehr Zeit und diplomatische Energie in das Land zu investieren als nach 2011."

NRC Handelsblad (Amsterdam, Abendzeitung)

"Nur eine Sache hält die Partner in der Mosul-Koalition zusammen: der gemeinsame Feind. Ansonsten könnten die Interessenunterschiede und Reibereien kaum größer sein. Mosul ist die größte sunnitische Stadt in einem Land, das von Schiiten dominiert und von einer schiitischen Regierung geführt wird. (...) Fraglich ist auch, wie es nach einem eventuellen Sieg weitergehen soll. Die am Kampf beteiligten Gruppierungen wollen dann für ihren Einsatz belohnt werden. Damit könnten sich die ohnehin ungleichen Machtverhältnisse im Irak weiter verschärfen. Obendrein ist durchaus denkbar, dass die in die Enge getriebene IS-Miliz Terroranschläge im Westen forciert."

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