Wahlkampfauftakt in Indien: Modis neuer Tempel als Zeichen gegen Muslime

Die Eröffnung des neuen Tempels in Ayodhya
Kurz vor den Wahlen verwirklichte Präsident Narendra Modi sein Herzensprojekt. Das Pikante dabei: Der Hindu-Tempel steht auf dem Gelände einer einstigen Moschee.

von Lukas Bergmann

Die pompöse Eröffnungszeremonie übertrifft sämtliche Inszenierungen. Indische Prominente aus allen Bereichen pilgerten in die nordindische Stadt Ayodhya um den neuen hinduistischen Tempel bewundern zu können. Indiens Regierungschef Narendra Modi weihte ihn persönlich ein und gab sich ganz bescheiden: Er sei erfreut, „Teil dieses göttlichen Programms zu sein“. 

Modis Auftritt am Montag im Beisein der höchsten religiösen Hindu-Anführer glich einem Wahlkampfauftakt. Denn in Indien steht zwischen April und Mai der Gang zu den Wahlurnen an. Die Opposition in Indien sieht das auch und boykottierte deshalb die Feierlichkeiten. Sie bezeichneten die Veranstaltung als „politische Inszenierung“.

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Eröffnung als Zeichen gegen Muslime

Der Platz, auf dem der 217 Millionen Dollar teure Tempel errichtet wurde, ist jedoch historisch vorbelastet. Vor 32 Jahren stand auf demselben Gelände die Babar-Moschee, die zur Initialzündung eines der blutigsten Massaker der indischen Geschichte wurde. Am 5. Dezember 1992 hatten 150.000 hinduistische Extremisten die Moschee, die im 16. Jahrhundert erbaut wurde, gestürmt und zerstört. Daraufhin waren Unruhen in weiten Teilen des Landes ausgebrochen. Religiöse Fundamentalisten hatten Geschäfte, Häuser und Moscheen der muslimischen Minderheit angezündet und geplündert, 2.000 Menschen verloren ihr Leben. Diese Gewaltspirale wird von vielen Experten als das Ende des, von Staatsgründer Mahatma Gandhi propagierten, religiösen Pluralismus bezeichnet. In Indien leben heute noch zwischen 160 und 180 Millionen Muslime, diese machen 13 Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Unter Modi werden sie zunehmend unterdrückt und verfolgt.

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Mit der Eröffnung dieses Tempels zum Andenken an den Gott Rama geht ein jahrzehntelanger Traum der hinduistischen Nationalisten in Erfüllung. Viele Hindus glauben, dass Ayodhya der Geburtsort von Rama war und das „muslimischen Invasoren“ die Moschee 1528 errichteten. Der britischen BBC erzählen viele Muslime, dass sie aus Angst vor Repressalien überlegen, die Stadt zu verlassen. Modis Regierung hat für die Eröffnungszeremonie nicht nur in Ayodhya die Sicherheitsmaßnahmen erhöht. In den Regionen, in denen die muslimisch-hinduistischen Spannungen groß sind, waren auch zusätzliche Polizeieinheiten auf den Straßen unterwegs.

Feiertag in Indien

Die Einweihung sorgte für Feierlichkeiten in ganz Indien: Der Montag wurde in vielen Bundesstaaten zum Feiertag erklärt, die indische Börse blieb geschlossen und viele Inder feierten ein zweites Diwali – das hinduistische Lichterfest. Der indische Kommentator Pratap Bhanu Mehta bezeichnet die Feierlichkeiten als „einzigartig, vor allem in ihrer Größe gibt es nichts Vergleichbares in der Geschichte“.

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