In Italien schreien immer mehr misshandelte Frauen um Hilfe

In Italien schreien immer mehr misshandelte Frauen um Hilfe
Die massive Anspannung durch die Corona-Krise lässt häusliche Gewalt in Italien offenbar explodieren.

In Zeiten der Ausgangssperre verschärft sich in Italien das Phänomen der familiären Gewalt. In Italien haben im Zeitraum zwischen dem 2. März und dem 4. April um 74,5 Prozent mehr Frauen bei Anti-Gewaltzentren um Hilfe gebeten, als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. In der Corona-Krise kam von 2.867 Frauen ein dringender Hilferuf, sagte die Italiens Frauenministerin Elena Bonetti am Sonntag. Bei 28 Prozent der Hilferufe handelt es sich um Frauen, die sich zum erstmal an Anti-Gewalt-Zentren gewendet haben.

"Notstand im Notstand"

„Die Ausgangssperre infolge der Coronavirus-Epidemie ist für viele Frauen, die Gewalt erleiden, ein Notstand im Notstand, denn sie sind gezwungen, während der Quarantäne mit Männern eingesperrt zu sein, die sie misshandeln“, sagte die Ministerin.

Die Regierung richtete eine App ein, mit der Frauen über das Smartphone Anti-Gewalt-Zentren kontaktieren und mit Experten in Verbindung kommen können, ohne telefonieren zu müssen. Die Hotline 1522, die Anzeigen im Falle von häuslicher Gewalt sammelt, ist trotz Coronavirus rund um die Uhr aktiv. Eine Million Euro stellte die Regierung für Heime, in denen Opfer häuslicher Gewalt untergebracht werden können, zur Verfügung.

Apotheker als Helfer

Der Frauenschutzverband „Staffetta democratica“ (Demokratische Staffel) hat sich mit der italienischen Regierung auf eine Initiative geeinigt, die es Frauen ermöglichen soll, auch in Apotheken um Hilfe bei Gewalt zu ersuchen. „Apotheken sind zusammen mit Supermärkten, die einzigen noch offenen Geschäfte. Hier können sie sich an Apotheker wenden, die sensibilisiert worden sind und wissen, wie man Hilfe garantieren kann“, berichtete die römische Anwältin Andrea Catizone, Initiatorin der Kampagne, im Gespräch mit der APA.

Brutale Frauenmorde schocken unterdessen weiter die italienische Öffentlichkeit. Eine 47-jährige Frau ist am Sonntag von ihrem gleichaltrigen Lebensgefährten in der Nähe von Mailand erschossen worden. Die Frau wollte sich trennen, hatte dem Mann jedoch erlaubt, die Zeit der Ausgangssperre bei ihr zu verbringen. Der Mann tötete die Partnerin, während diese schlief.

Hilfe in Österreich

Gewalt in der Familie darf auch in Österreich kein Tabu-Thema sein, haben Innenminister Karl Nehammer und Frauenministerin Susanne Raab kürzlich betont. „Gewalt passiert oft hinter verschlossenen Türen. Bitte schauen und hören Sie nicht weg“, sagte Nehammer. Im Fall der Fälle könne jederzeit der Polizeinotruf 133 oder der internationale Notruf 112 gewählt werden. Rund um die Uhr steht Hilfesuchenden auch Frauenhelpline gegen Gewalt vor Verfügung: 0800/222555. 

 

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