In Englands Schulen herrscht Corona-Chaos
„Londoner Schulen versinken im absoluten Chaos“, twitterte Janine und bekam massenhaft Zuspruch von anderen Eltern. Wegen der sich rasant ausbreitenden Delta-Variante, die vermehrt junge, nicht geimpfte Menschen trifft, sind nämlich derzeit so viele britische Schulkinder wie schon lange nicht in Corona-Quarantäne.
Der größte Landesteil England verzeichnete am Dienstag laut Regierungsdaten einen neuen Rekordwert seit der Wiedereröffnung der Schulen im März. In der Woche zum 24. Juni, etwa ein Monat vor Beginn der Ferien, fehlten in staatlichen Bildungseinrichtungen 375.000 Schüler wegen Corona. Das ist ein Anstieg von 57 Prozent gegenüber der Vorwoche. Ein Experte nannte Schulen kürzlich „Inkubationszentren“ für die Delta-Mutante. Tatsächlich stiegen bestätigte oder vermutete Corona-Fälle um 56 Prozent auf 39.000.
Tests statt Isolation
Aber weil Schüler laut Corona-Richtlinien in Gruppen, eingeteilt sind, die manchmal ganze Klassen umfassen, sind die meisten zum Distanzunterricht Gezwungenen Kontaktpersonen eines Infizierten. Boris Johnsons Regierung lässt diese Regel nach Kritik jetzt in England prüfen. Auch Schottland und Wales planen Änderungen. England überlegt, ab Herbst die automatische Selbstisolation von Kindern mit infizierten Klassenkameraden durch tägliche Corona-Tests zu ersetzen.
Die Ergebnisse eines Pilotprojekts dazu werden jetzt ausgewertet. Manche Schulleiter hoffen auch auf ein baldiges grünes Licht der zuständigen Behörde für Impfungen von Kindern.
Handyfreie Schulen?
Bildungsminister Gavin Williamson ließ am Dienstag auch mit einem anderen Vorstoß aufhorchen. Er nahm den von der Pandemie hervorgerufenen Lern-Nachholbedarf zum Anlass, vorzuschlagen, Englands Schulen „handyfrei“ zu machen, um die Disziplin zu stärken und „schlechtes Benehmen“ zu unterbinden. Er will nun Feedback dazu einholen. „Mobiltelefone lenken nicht nur ab, sondern können bei Missbrauch oder Überbeanspruchung die psychische Gesundheit von Schülern schädigen“, argumentierte er. Manche Schulvertreter nannten den Plan aber ein „Ablenkungsmanöver“ der Regierung von Pandemie-Fehltritten.
Viele Schulen haben bereits Richtlinien zur Handynutzung, meinte der Chef einer Schulleitergewerkschaft: „Sie sind keine digital regellosen Zonen“. Und so manche Eltern fragten, ob Schulen Aufbewahrungsorte für Handys anbieten würden, weil sie sicherstellen wollten, dass Kinder sie nach Ende des Schultags erreichen können. Britische Corona-Fälle sind in der letzten Woche um 70 Prozent auf 116.287 angestiegen.
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