Idlib: 10 000 Terrorkämpfer unter 2,9 Mio. Menschen vermutet

Kämpfe gegen die Terrororganisationen müssen sein, dürfen laut De Mistura aber nicht auf Kosten der Zivilisten gehen.

Der UN-Syriengesandte Staffan de Mistura vermutet in der syrischen Provinz Idlib 10.000 Mitglieder der Terrororganisationen Al-Nusra und Al-Kaida. Die Terroristen müssten zwar bekämpft und besiegt werden, aber nicht auf Kosten der 2,9 Millionen Zivilisten in der Provinz, mahnte der Diplomat am Donnerstag in Genf. Die UNO hat bereits wiederholt vor einer "humanitären Katastrophe" gewarnt, sollten die syrischen Regierungstruppen eine Großoffensive auf Idlib starten. Bis zu 800.000 Menschen könnten in die Flucht getrieben werden. De Mistura verlangte humanitäre Korridore unter Aufsicht der Vereinten Nationen.

Er sei bereit, persönlich nach Idlib zu reisen, um die Einrichtung eines solchen temporären Korridors zu erreichen, um der Bevölkerung die Ausreise in ein sichereres Gebiet zu ermöglichen, sagte De Mistura am Donnerstag in Genf. Niemand bezweifle, sagte er, dass es sich bei den Kämpfern um "Terroristen" handle, die besiegt werden müssten. Zugleich warnte er aber vor den Kosten einer Offensive für die Zivilbevölkerung. Auch der Kampf gegen Terroristen könne den Einsatz schwerer Waffen in dicht besiedelten Gebieten nicht rechtfertigen.

In Syrien mehren sich Anzeichen, dass die Armee mit russischer Hilfe gegen die letzte Rebellenhochburg Idlib vorgehen will. Die "Eiterbeule" mit dem Rebellen müsse beseitigt werden, hatte am Mittwoch der russische Außenminister Sergej Lawrow gesagt. Die hohe Anzahl Terrorkämpfer erklärt sich dadurch, dass die syrische Armee bei der Eroberung anderer Regionen Rebellen mit Familien und leichter Bewaffnung nach Idlib hatte abziehen lassen. Da die Rebellen dort keine Ausweichmöglichkeit innerhalb Syriens haben, drohen in der letzten Rebellenbastion erbitterte Kämpfe.

Chemische Angriffe als größte Gefahr

Unter den 2,9 Millionen Menschen dort sind nach Angaben De Misturas 1,4 Millionen Menschen, die schon einmal vertrieben worden waren. Die Provinz liegt an der Grenze zur Türkei, die keinen neuen Zustrom von Flüchtlingen zulassen will. Größte Gefahr sei der Einsatz chemischer Kampfstoffe, die sowohl die Regierung als auch Al-Nusra besäßen, sagte De Mistura. Er rief die Konfliktparteien sowie ihre internationalen Unterstützer auf, vor neuen Angriffen eine Lösung für die Zivilisten zu finden. "Warum so eine Eile, warum nicht mehr Zeit für Diskussionen lassen?", fragte De Mistura.

Die syrische Regierung hat bereits Truppen für eine Offensive auf Idlib zusammengezogen und mit Luftangriffen begonnen. Die Türkei, die mehrere der Rebellengruppen in Idlib unterstützt, will unbedingt einen Angriff verhindern, da auch sie eine neue Flüchtlingsbewegung befürchtet. Experten halten es für möglich, dass sich Assad zunächst mit einer begrenzten Offensive gegen die Jihadistenallianz Hayat Tahrir al-Sham zufrieden gibt, die große Teile von Idlib kontrolliert.

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