Hunderte Italiener verklagen Politiker wegen Corona-Versäumnissen

Hunderte Italiener verklagen Politiker wegen Corona-Versäumnissen
Weil die Behörden nicht auf die Pandemie vorbereitet gewesen sei, Berichte geschönt und damit viele Menschenleben auf dem Gewissen habe.

Militärfahrzeuge, die Leichen abtransportieren, weil die zivile Infrastruktur es nicht mehr schafft. Diese Bilder aus Norditalien zu Beginn der Coronakrise haben sich ins kollektive Gedächtnis gebrannt. Besonders die Stadt Bergamo traf es hart – 6.500 Menschen starben.

500 ihrer Angehörigen verklagten deshalb eine ganze Reihe von Politikern und Beamten. Heute, Donnerstag startet der Prozess in Rom, die Anklageschrift umfasst 2.000 Seiten.

Italien wäre nicht ausreichend auf die Pandemie vorbereitet gewesen. Ein nationaler Pandemie-Plan von 2006 war nicht mehr aktualisiert worden. Verbindliche Richtlinien der EU habe die Politik ignoriert. Die Folge davon war laut Experten, dass die Spitäler nicht auf den großen Ansturm schwerkranker Coronavirus-Patienten vorbereitet waren, wodurch die Zahl der Todesopfer in der ersten Phase der Covid-19-Infektionswelle in Italien besonders in die Höhe getrieben wurde.

Vor allem Gesundheitsminister Roberto Speranza ist unter Erklärungsdruck geraten. Vor allem ein Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aus dem Jahr 2020 über Fehler am Anfang der Pandemie spielt hierbei eine große Rolle.

Der Bericht wurde am 13. Mai 2020 im Internet publiziert und dann sofort wieder zurückgezogen. Die Organisation hatte schon im November erklärt, das Dokument sei von der Internetseite entfernt worden, weil es Fehler enthalten habe, es habe keinen Druck Roms gegeben. Trotzdem verstummten die Vorwürfe in Italien nicht, dass es im Zusammenhang mit dem Rückzug etwas zu verbergen gebe.

Und tatsächlich gab der Autor des WHO-Berichts zu, unter Druck gesetzt worden zu sein, den Bericht zu schönen. Veröffentlichte Chatprotokolle belegen dies. Für die Staatsanwaltschaft der Stadt Bergamo, die ebenfalls wegen möglicher Behörden-Fehler am Anfang der Corona-Welle ermittelt, spielt das WHO-Dokument ebenfalls eine Rolle.

Jüngst verfügte ein Gericht über die Herausgabe von Sitzungsprotokollen, die zeigen, dass die Behörden wichtige Tatsachen vor der Öffentlichkeit vertuscht hatten. Bereits Anfang Februar waren Fälle bekannt, jedoch hieß es, das Virus sein weder in Italien noch in Europa.

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