Sieben Freunde treffen sich, um bei einem Abendessen ein paar nette Stunden zu verbringen. Was auch gelingen würde, wären da nicht die Handys der Gruppe.
Als die Gastgeberin ein "Spiel" anregt, bei dem die Mobiltelefone offen auf den Tisch gelegt und alle Anrufe, Nachrichten oder Voicemails mitgehört bzw. mitgelesen werden müssen, kippt die Stimmung; heikle Geheimnisse geraten ans Licht. Es geht um außereheliche Affären, Homosexualität oder den Umgang von Eltern mit der erwachenden Sexualität ihrer Kinder.
2016 ist dem italienischen Regisseur Paolo Genovese mit "Perfetti sconosciuti" ein großer Kino-Hit gelungen, der in mehreren Ländern neu verfilmt wurde (u.a. 2019 in Deutschland als "Das perfekte Geheimnis"). Die jüngste Version, eine libanesische Produktion, steht seit mehreren Tagen an der Spitze der Netflix-Charts im arabischen Raum.
"Gefahr für arabische Regime"
Während der erste auf arabisch gedrehte Film des Streamingdiensts im Libanon weitgehend positive Kritiken erntete, entzündete sich an "Ashab wanna al-Azz" (Perfect Strangers) in anderen Ländern eine gesellschaftliche Debatte. Besonders heftig fällt diese in Ägypten aus, wo eine der Hauptdarstellerinnen, Mona Zaki, ein großer Star ist.
Konservative stören sich daran, dass das Outing eines Schwulen im Film positiv aufgenommen wird oder ein Vater der Teenagertochter freistellt, mit ihrem Freund zu schlafen. Umstritten ist auch eine Szene, in der sich Mona Zakis Film-Ich den Slip auszieht und ohne Unterwäsche zum Dinner geht – wofür die Schauspielerin und ihr echter Ehemann in sozialen Medien beschimpft werden.
Manch Sittenwächter sieht angesichts derartiger Darstellungen das Land in Gefahr. "Solche Filme verletzen die Grundlagen unserer Religion und unsere nationale Identität, sie zerstören die Gesellschaft, den Staat, die Jugend und die Zukunft", wetterte etwa der ägyptische Abgeordnete Ahmed Hamdy in einer Talk-Show. Er forderte ein Verbot der Homosexualität, die in Ägypten zwar nicht illegal, aber geächtet und teils strafbar ist, und ein Verbot des Films.
Verteidiger des Streifens, darunter der ägyptische Schauspielerverband, berufen sich auf die Freiheit der Kunst. Was gezeigt werde, passiere tagtäglich auch in arabischen Ländern, räumen Zuseher in diversen Medienberichten ein – nur eben hinter verschlossenen Türen. "Es ist ein absolut anständiger Film", begegnet die prominente Schauspielerin Elham Shaheen Kritikern wie Ahmed Hamdy. "Die gesamte Handlung findet am Esstisch statt. Der Film handelt von Ehebruch und einem, der homosexuell ist. Na und?"
"Ashab wanna al-Azz" ist darüber hinaus nicht der erste Film, der Themen wie Homosexualität oder Untreue thematisiert und im arabischen Raum gezeigt wird – allerdings eben der erste in arabischer Sprache.
Durch seinen großen Erfolg stelle er "durchaus eine Gefahr für die arabischen Regime dar", resümierte der ägyptische Filmkritiker Joseph Fahim in der ARD-Tagesschau, "weil er unkontrolliert liberale Auffassungen präsentiert und das auch noch überzeugend und attraktiv."
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