Historiker Englund sieht Ukraine als neuen Maßstab für Leiden im Krieg
Der schwedische Historiker und Buchautor Peter Englund glaubt, dass der Krieg in der Ukraine den Zweiten Weltkrieg als allgemeinen Referenzrahmen für durch Krieg verursachtes Leid ersetzen wird. Englund, aktuelles Mitglied der Schwedischen Akademie und deren früherer Vorsitzender, sagte in einem am Samstag veröffentlichten Interview mit der Nachrichtenagentur TT, die Bilder von den Kämpfen in Bachmut erinnerten mehr an die beiden Weltkriege als an moderne Kriegsführung.
Englund veröffentlichte jüngst eine Serie von Bildern aus dem Ukraine-Krieg auf seinem Instagram-Account, auf denen unter anderem verkohlte Baumstümpfe und überschwemmte Schützengräben mit toten Soldaten zu sehen sind. "Es scheint, als reagierten viele stark auf diese Bilder, die an die Vergangenheit erinnern. Ebenso jene Bilder aus Luhansk, wo erhängte Menschen mit Kapuzen über dem Gesicht Schilder mit den Wortern "Verräter" auf der Brust tragen", so der Historiker. "Es ist die gleiche Situation wie vor 80 oder 100 Jahren. Es ist genauso grauenvoll".
Reise in Nordukraine geplant
Peter Englund beschrieb in seinen beiden Bestseller-Historienbüchern "Poltava" (1988) und "Schönheit und Schrecken: Eine Geschichte des Ersten Weltkriegs, erzählt in neunzehn Schicksalen" (2011) schon zweimal Kriege, die sich auf dem Gebiet der heutigen Ukraine abgespielt haben. Englund plant, Anfang kommenden Jahres selbst in die Nordostukraine zu reisen, und von dort zu berichten. Er befürchtet, dass der Krieg noch lange dauern wird: "Und je länger der Krieg dauert, desto mehr menschliches Leid wird es geben".
Der 65-jährige Historiker ist überzeugt, dass der Krieg in der Ukraine neue Bezugsrahmen schafft: Zuletzt habe der Zweite Weltkrieg über weite Strecken unsere Vorstellung von Krieg bestimmt, die Ukraine könnte das nun ändern: Der Krieg in der Ukraine wird der neue Maßstab sein, mit dem man von Krieg verursachtes Leid misst."
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