Das Weiße Haus macht keine „Bella Figura“ beim Erklären. Biden sagte einsilbig, er sei „überrascht“ von dem ersten Fund. Wie bitte? Seine Anwälte fanden das Material am 2. November 2022. Bis zu den Zwischenwahlen sechs Tage später blieb es mucksmäuschenstill. Wollte man den Eindruck verhindern, Trump sei mit dem widerrechtlichen Aufbewahren sensibler Geheimnisse nicht allein? Regierungssprecherin Karina Jean-Pierre mauert und verweist ans Justizministerium, wo die Fäden der Untersuchung zusammenlaufen. Auch dort wurde bisher eisern geschwiegen.
Reden, und das laut, tun die Republikaner. Sie forderten analog zum Fall Trump den Einsatz des FBI und Durchsuchungen von Bidens Privathäusern. Außerdem müsse parallel zu Trump-Sonderermittler Jack Smith auch für Biden ein Extra-Staatsanwalt eingesetzt werden, verlangte Senator Lindsey Graham. Am Donnerstagabend verkündete US-Justizminister Merrick Garland bei einem kurzfristig anberaumten Auftritt in Washington dann tatsächlich, dass ein unabhängiger Sonderermittler die Causa untersuchen solle.
Garland sagte, er habe bereits vor einigen Tagen auf Basis der bisherigen Nachforschungen entschlossen, einen Sonderermittler einzusetzen. In den vergangenen Tagen sei dieser schließlich ausgesucht worden.
Der 50 Jahre alte Hur arbeitete in der Vergangenheit für das Justizministerium - etwa zu den Themen Terrorismusbekämpfung und Unternehmensbetrug. Er war später unter anderem Staatsanwalt im US-Bundesstaat Maryland. Hur wurde für diese Position von dem damaligen Präsidenten Trump nominiert. Zuletzt arbeitete er als Anwalt für eine Kanzlei in Washington.
In Regierungskreisen wurde bereits befürchtet, dass Justizminister Merrick Garland nicht anders kann, als Gleichbehandlung walten zu lassen. Auch wenn die Fälle gravierende Unterschiede aufwiesen. So habe Trump über Monate die Herausgabe der mehr als 300 Akten hintertrieben. Bidens Juristen hätten die falsch gelagerten Papiere dagegen einen Tag nach Auffinden an das National-Archiv übergeben. Nur das reicht nicht.
Im Umfeld des Weißen Haus wird diskutiert, dass Biden nur mit „proaktivem Vorgehen den Schaden begrenzen kann“. Also ein öffentliches Mea Culpa, weil er Trump ja nach der FBI-Razzia in Mar-a-Lago „unverantwortliches Handeln“ vorgeworfen und rückhaltlose Untersuchungs-Transparenz gefordert hatte.
Aber da sind noch die Republikaner. Für sie ist Bidens Panne ein Geschenk – und Bestätigung für ihren Kurs. In Untersuchungsausschüssen im Repräsentantenhaus werden Schlüsselfiguren wie Jim Jordan und James Corner nun jeden Stein der Biden-Regierung umdrehen, um dem Präsidenten am Zeug zu flicken. Es geht um den verkorksten US-Truppen-Abzug aus Afghanistan 2021. Um die Verschwörungstheorie, der Laborursprung der Corona-Pandemie sei von Bidens Ex-Chef-Virologen Fauci vertuscht worden. Um die Behauptung, die Demokraten nutzten die Sicherheitsapparate von Justizministerium bis FBI, um ihre politischen Gegner zu piesacken. Und es geht, vielleicht der gefährlichste Vorwurf, um die angebliche Verquickung von Regierungs- und Privatgeschäften. Im Zentrum: Präsidentensohn Hunter Biden, der in der Ukraine und mit China Millionen verdient und seinen Vater daran beteiligt haben soll.
Nichts davon ist auch nur annähernd belegt. Aber die „Grand Old Party“ hat Blut geleckt. Die einflussreiche Abgeordnete Elise Stefanie sagt es so: „Wir werden Antworten verlangen, die Politisierung des korrupten FBI und des Justizministeriums stoppen, die Biden-Verbrecherfamilie zur Verantwortung ziehen.“
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