Harte Landung in der Euro-Realität

Mit vielen Zugeständnissen hat Premier Tsipras den Euro-Austritt abgewendet – zumindest vorerst.

Vier Wochen nach dem Wahlsieg des Syriza-Linksbündnisses in Griechenland hat sich die neue Regierung Freitag Abend mit der Eurozone auf eine Verlängerung des laufenden Hilfsprogramms geeinigt und einen "Grexit" abgewendet – vorerst. Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Deal in Brüssel.

Worauf hat sich Griechenland mit den 18 anderen Euro-Staaten geeinigt?

Das laufende Hilfsprogramm, das planmäßig Ende Februar ausläuft, wird um vier Monate, also bis Ende Juni, verlängert. Griechenland hat bekräftigt, seine finanziellen Verpflichtungen (= die Rückzahlung der Kredite) einzuhalten. Athen hat versprochen, den Reformplan im Hilfsprogramm abzuarbeiten – Änderungen müssen wie bisher von den Geldgebern genehmigt werden, es darf keine Alleingänge geben. Die Überwachung durch die Troika-Institutionen (EU-Kommission, Europäische Zentralbank, Internationaler Währungsfonds) läuft weiter.

Wer hat hier mehr durchgesetzt – Athen oder die Hardliner in der Eurozone?

Die neue griechische Regierung hat alle zentralen Forderungen der Eurozone erfüllt: Verlängerung des "alten" Programms statt frischer Überbrückungskredite; Fortführung der Überwachung durch "die Institutionen, die bisher als Troika bekannt waren"; schriftliche Anerkennung des Reformplans. All das hatte Premierminister Alexis Tsipras ursprünglich dezidiert ausgeschlossen – und musste letztendlich nachgeben. Nüchtern betrachtet muss man sagen: Dieses Ergebnis hätte Tsipras schon vor Wochen haben können – ohne den ganzen Ärger und vermutlich ohne, dass in der Zwischenzeit so viel Geld von den griechischen Banken abgezogen worden wäre.

Was hat die griechische Regierung im Gegenzug für ihr Einlenken erhalten?

Konkret: Sehr wenig. Potenziell: Einiges. Die Geldgeber sind bereit, über Änderungen bei den Reformen und Sparmaßnahmen zu reden – wenn das griechische Budget dabei stabil bleibt. Bis Montagabend muss Athen eine erste Liste mit gewünschten Reformen vorlegen – die von der Eurozone abgesegnet werden muss. Das verkauft Finanzminister Yanis Varoufakis auch als Erfolg: Es sei Schluss mit den Plänen der Vorgänger-Regierung – ab jetzt macht Syriza die Reformen. Viel Spielraum für die Erfüllung seiner Wahlversprechen, etwa die Erhöhung der Pensionen, hat Tsipras aber nicht bekommen.

Noch ein Zugeständnis könnte Athen aber bekommen: Man hat in Aussicht gestellt, den Primär-Überschuss im heurigen Budget noch einmal "im Lichte der wirtschaftlichen Entwicklung" zu diskutieren und eventuell zu senken. Das würde den Spardruck lockern. Ob das tatsächlich passiert, wird auch davon abhängen, wie sich die Zusammenarbeit entwickelt – die Syriza-Regierung ist quasi ein paar Monate "auf Bewährung".

Ist schon alles unter Dach und Fach, oder gibt es noch Stolpersteine?

Die Reform-Liste, die es bis Montag geben muss, birgt ein kleines Rest-Risiko – falls Tsipras auf zu große Änderungen drängt oder die Zahlen aus Athen zu ungenau sind. Passt die Liste, sollte die erforderliche Zustimmung mehrerer nationaler Parlamente – u.a. in Deutschland und Finnland – nur noch eine Formsache sein.

Vorausgesetzt, die Einigung hält – was hat man damit nun tatsächlich bewirkt?

Beide Seite haben damit Zeit gekauft: Athen ist für vier weitere Monate abgesichert, eine drohende Staatspleite mit Euro-Austritt ist vorerst abgewendet.

Welche Probleme sind damit noch nicht gelöst bzw. nur für kurze Zeit?

Die Verlängerung des Hilfsprogramms war wohl die beste kurzfristige Lösung für beide Seiten. Entscheidend wird aber sein, ob sich Griechenland mit der Eurozone bis Ende Juni auf ein neues langfristiges Hilfspaket einigen kann, mit dem das Land auf Jahre stabilisiert und nachhaltig reformiert wird. Bei diesen Verhandlungen wird auch wieder auf den Tisch kommen, was jetzt ausgespart werden konnte: Ein neuer Schuldenschnitt.

Wie wird die Einigung mit den Geldgebern in Griechenland aufgenommen?

Mit Erleichterung: "Aufatmen bis Juni nach dem Kompromiss mit der Eurogruppe", titelte das Boulevardblatt Ethnos am Samstag. Die konservative Zeitung Kathimerini kommentierte: "Die Regierung ist in der Realität angekommen und hat das getan, was sie tun musste, damit das Land nicht pleitegeht."

Viel wird jetzt davon abhängen, wie Tsipras seinen Wählern das Nachgeben in Brüssel erklärt – und welche eigenen Reformen er von der Eurozone abgesegnet bekommt. Die Vorstellung, gestärkt durch einen Wahlsieg die Sparpolitik der Eurozone auf den Kopf zu stellen, wurde enttäuscht – fürs Erste.

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