Handelsstreit - Ein Sieg der Vernunft. Und für ein großes Ego

Was bedeutet die Vereinbarung zwischen Juncker und Trump tatsächlich? Der KURIER liefert Antworten

Noch sind es viele Absichtserklärungen, aber die Kriegsrhetorik ist Vergangenheit: Am Tag danach lichtet sich der Nebel, was Juncker und Trump am Mittwoch in Washington in dreieinhalb Stunden ausgehandelt haben.

Wie wurde die Einigung in Europa aufgenommen?

Es überwiegt die Erleichterung, dass die Spirale der Eskalation durchbrochen ist. Allerdings reagierte Frankreich verschnupft – wegen der Zugeständnisse im Agrarbereich und weil die USA Europäer weiterhin von Aufträgen der öffentlichen Hand ausschließen. Und es bleibt der schale Nachgeschmack, dass Trumps Erpressung zumindest nach außen hin teilweise von Erfolg gekrönt war.

Warum bleiben die Stahl- und Aluzölle in Kraft?

Bisher galt als EU-Bedingung, dass vor Verhandlungen die US-Strafzölle auf Alu und Stahl ausgesetzt werden müssen. Jetzt werden diese „neu bewertet“ – eine schwache Formulierung, die Trump aber einen Rückzieher ohne Gesichtsverlust ermöglicht. EU-Quellen betonen die Waffengleichheit, weil vorerst auch die Gegenzölle bleiben.

Wer ist der Gewinner?

Wer die Frage so stellt, geht Trumps Logik auf den Leim, wonach immer einer der Gewinner oder Verlierer ist. So läuft der Handel aber nicht. Der Verzicht auf höhere Autozölle, der 50 Milliarden Euro an EU-Exporten betroffen hätte, ist positiv, aber keine Verbesserung zum Status Quo. Dass über Zollsenkungen auf Industriegüter und gemeinsame Standards etwa für Medizinprodukte verhandelt wird, ist aus EU-Sicht ein Fortschritt – ob es von Erfolg gekrönt sein wird, muss die Zukunft weisen.

Warum darf Juncker so etwas vereinbaren?

Der Luxemburger hatte sich vor der Reise mit Merkel, Macron und Kurz (Österreichs EU-Ratspräsidentschaft) abgestimmt. TTIP liegt auf Eis, aber der Auftrag an die Kommission, einen Vertrag mit den USA zu schließen, gilt noch.

Und was ist mit der Zusage, dass die EU mehr US-Soja und Flüssiggas kauft?

Das könnte Juncker nicht versprechen, soweit gibt es in der EU keine Planwirtschaft. Allerdings ließ ein Sprecher offen, ob diese Zusage (wie es Trump sah) überhaupt getätigt wurde. Es könnte schlicht die Analyse gewesen sein, was ohnehin passiert (oben). In Europa werden zudem Terminals für Flüssiggas (LNG) gebaut. Die USA sind teurer und waren 2017 nur der fünftgrößte LNG-Lieferant, weit hinter Katar oder Algerien. Der Anteil steigt aber. Es stimmt also, dass US-Gas eine größere Rolle spielen wird.

Was heißt das für den Zollstreit der USA mit China?

Offiziell begrüßt China die Einigung. Ein Ende des eigenen Konflikts mit den USA ist aber nicht in Sicht, aktuell wird nicht verhandelt. Dass Trump die Konflikte mit Partnern wie der EU ausräumt, könnte ihm sogar einen längeren Atem für eine noch härtere Konfrontation verleihen.

Peking ist auch sauer, weil die USA Chinas ähnliche Angebote wie jene der EU über Sojakäufe ignoriert hatten.HSp

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